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Ein Lebensbericht von Nadja Stebner
In ihrem Bericht erzählt die heute 82-jährige Nadja von ihrer Lebensreise. Dieses Zeugnis berichtet von ihrem eifrigen Glauben an Gott, doch auch von großen Schwierigkeiten, Armut, Krankheit und Nöten. In allem sah sie stets Gottes Hand. So soll dieses Zeugnis zu Gottes Ehre dienen.
Eine folgenreiche Entscheidung
Die Botschaft vom Evangelium erreichte uns durch meine Tante Erna, als ich 16 Jahre alt war. Unsere Mutter war Lutheranerin, doch unser Vater und wir Kinder waren alle nicht ernsthaft gläubig. Irgendwann brachte meine Tante eine Bibel mit und warnte mich vor dem Siegel des Antichristen in der letzten Zeit. Das ließ mich ernsthaft nachdenken und ich kam zu dem Entschluss, dass ich Gott dienen wollte. Für diese Entscheidung bekam ich in der Schule sehr viel Gegenwind zu spüren.
Nach sechs Klassen beendete ich aufgrund der ständigen Erniedrigungen die Schule und begann recht früh zu arbeiten. Da ich die Älteste unter meinen Geschwistern war, war es für mich nicht einfach. Sehr früh am Morgen musste ich das Haus verlassen, um die Kälber zu hüten. Dabei war ich oft so müde, dass ich mich irgendwo hinlegte und wieder einschlief.
Nachdem wir einige christliche Veranstaltungen bei uns zu Hause durchgeführt hatten, erfuhr das ganze Dorf von uns „Sektierern“. Daraufhin versuchte man mich mit einer Arbeitsstelle und einer guten Bildung vom Glauben abzuhalten, doch in der Furcht Gottes lehnte ich dieses Angebot ab. Daraufhin rief man uns zu einer Dorfversammlung, auf der man mich dazu aufforderte, Gott zu verleugnen.
Natürlich war mir vor dieser Menschenmenge sehr unangenehm zumute. In dieser Situation erinnerte ich mich aber an die Worte der Bibel: „Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den werde auch ich verleugnen vor meinem Vater im Himmel“ (Mt 10,33). So stand ich auf und sagte: „Ich habe gebetet und werde weiterhin beten. Ich habe geglaubt und werde glauben.“
Eine ereignisreiche Reise
Nach einem Besuch christlicher Brüder aus Weißrussland wollte ich mit einigen Schwestern ihre geistgetauften Gemeinden besuchen. Ich überzeugte meinen Vater, mir die Erlaubnis dafür zu geben, indem ich ihm sagte, ich würde in die Ukraine reisen, um Verwandte zu besuchen. Damit ich mir die Reise finanzieren konnte, arbeitete ich Tag und Nacht. Schließlich ging es los.
Zuerst steuerten wir die Stadt Koktschetaw an, wo wir von einem geistgetauften Bruder hörten. Doch ihn zu finden, war nicht so leicht, denn er wurde von den Behörden beschattet. Mit Gottes Hilfe fanden wir jedoch das richtige Haus. Dort waren auch andere Gäste anwesend, unter anderem ein Bruder Karl. Bruder Ruwim erzählte mir später, dass ich kaum über die Türschwelle getreten war, als eine innere Stimme zu ihm sprach: „Hier ist Karls Schicksal gekommen.“ In dieser Gemeinschaft empfingen mein späterer Mann und ich sogar die Geistestaufe.
Die Reise ging weiter. Unsere Verwandten in der Ukraine empfingen uns mit einem reich gedeckten Tisch und viel Alkohol. Als ich ihnen jedoch mitteilte, dass wir nicht mit ihnen trinken würden, weil wir Christen waren, reagierten sie sehr erzürnt und nannten uns Sektierer. Die schöne Gemeinschaft war damit dahin.
Auch in dieser Gegend suchten wir Christen. An einem Haus klopften wir an, doch die Christen dort waren nicht mit dem Heiligen Geist getauft. Man schickte uns zu einer anderen Hütte. Aber dort sagte man uns: „Nein, ihr seid nicht die Unseren.“ Doch kurz darauf lenkten sie ein und meinten, wir sollten kurz warten. Ich verstand, dass sie jetzt zu Gott beteten. Wenig später rief man uns herein. „Kommt herein, Gott hat bestätigt, dass ihr Seine Kinder seid.“ Gott hatte sich zu uns bekannt. Als unsere Verwandten hörten, dass wir planten, zu anderen Christen weiterzureisen, waren sie sehr aufgebracht. Sie schrieben meinem Vater einen Brief und berichteten ihm davon. Er war anfangs sehr zornig, doch meine Mutter schaffte es, ihn mit Gottes Hilfe zu besänftigen.
Endlich kamen wir in Weißrussland an. Wir fuhren von Dorf zu Dorf, überall lebten gläubige Menschen. Man wunderte sich sehr über uns, weil wir für diesen Besuch etwa 4000 Kilometer zurückgelegt hatten. Aber für diese angenehme geistliche Gemeinschaft war es uns das wert.
Gottes Führung
Schließlich kehrten wir in die Stadt Koktschetaw zurück. Mein späterer Ehemann betete dafür, dass seine ungläubigen Freunde sich von ihm absagen würden. Kurze Zeit später hatte er einen schlimmen Unfall und wurde mit starken Verbrennungen ins Krankenhaus eingeliefert. Dort sagte er: „Gott sei Dank, jetzt werden sich meine Freunde von mir absagen.“
Während er dort im Krankenhaus lag, sah er im Traum eine junge Frau mit einem Kind neben sich stehen. Als er verstand, dass ich gemeint war, rief er mich zu sich. „Gott hat mir offenbart, dass wir zusammen sein werden. Jedoch erst in drei Jahren.“ Darüber war ich sehr verwundert. Doch wenig später kamen schon die Brüder, um unsere Verlobung durchzuführen. Aus drei Jahren wurden drei Monate.
Nach der Hochzeit war das Leben nicht gerade leicht. Wir konnten zunächst kein geeignetes Häuschen finden, denn alles war zu teuer. Nach langer Suche kam schließlich nur eine Hütte in Frage, die schmutzig war und stank. Dort musste fast alles erneuert werden, doch wir waren sehr glücklich damit und irgendwann wurde es bei uns schön und gemütlich. Wir nahmen sogar eine einsame Oma bei uns auf. Nach einer längeren Suche wurde ich als Küchenarbeiterin angestellt. Von nun an arbeitete ich dort in Tag- und Nachtschichten, zwischen denen ich meinen Sohn stillte.
Herausfordernde Jahre
Kaum hatten wir uns in unserer Hütte gemütlich eingerichtet, kam mein Mann auf die Idee, dass wir umziehen sollten, obwohl wir keine Mittel dazu hatten. Gott offenbarte, dass es nicht Sein Wille war, aber zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits eine Anzahlung für unser Haus bekommen. Wir fanden ein neues Haus, welches jedoch keine Heizung hatte. Mitten im Winter musste diese nun eingebaut werden.
Doch nur eine kurze Zeit später kam ein Verwandter zu uns und berichtete, er würde in die Kuba-Gegend umziehen. Mein Mann war sofort begeistert und reiste mit ihm. Von dort aus schrieb er mir einen Brief: „Nadja, verkaufe das Haus und komm mit den Kindern hierher!“
Wir fingen wieder bei null an. Karl war oft krank, es war eine sehr schwere Zeit. Während einer Schwangerschaft sagte man mir, ich müsse sterben. Doch als ich meine Tochter gesund auf die Welt brachte, fragte man mich, durch welches Wunder ich noch am Leben wäre. „Wahrscheinlich gibt es Gott wirklich!“ „Das habe ich euch schon lange gesagt“, antwortete ich nur.
Oftmals versuchte man mich davon zu überzeugen, keine Kinder mehr zu bekommen. Die Ärzte könnten medizinisch eingreifen, sodass es keiner merken würde. Doch ich verwies darauf, dass Gott alles sehen und hören würde und lehnte ab. So sahen wir in all diesen Erlebnissen stets Gottes Gnade. Wäre dort nicht Gottes Hand gewesen, so hätten wir das alles nicht überstanden.
Wir erlebten viele Wunder. Einmal stellte mein Mann eine Leiter auf und stürzte sehr unglücklich. Es kam auch zu einem Ereignis, bei dem mein sechsjähriger Sohn fast ertrunken wäre. Doch Gott sei Dank, ist ihm nichts geschehen. So erlebten wir viele Situationen, die tödlich hätten enden können.
Gott segnet zu Seiner Zeit
Viele Jahre arbeiteten wir auf den Feldern. Einmal kamen wir zu einem Feld, arbeiteten es bis zu einer bestimmten Stelle ab und fuhren nach Hause. Als wir das nächste Mal wiederkamen, war das ganze Feld abgearbeitet. Bis heute können wir uns nicht erklären, wie die Arbeit erledigt wurde. Als hätte Gott Seine Engel gesendet. Eines Tages fing unsere Scheune, in welcher die Tiere untergebracht waren, Feuer. Die Balken brachen bereits, als ich es schaffte, die Tiere zu befreien. Das Kalb musste ich sogar selbst über einen Zaun heben. Nach kurzer Zeit brannte die Scheune vollständig ab.
Einmal kam mein Mann für den ganzen Winter aufgrund einer Erkrankung ins Krankenhaus. Die Kinder musste ich zurücklassen, um selbst auf die Arbeit zu gehen. Karl war manchmal so schwach, dass er nicht arbeiten konnte. So flehten wir zu Gott um Besserung. Von der Arbeit waren wir sehr abhängig, da es sonst keinen Lohn und damit auch nichts zu essen gab. Die Gehälter waren niedrig und wenn es Suppe mit Brot gab, waren wir sehr dankbar. Heute kann ich sagen, dass selbst die abgebrannte Scheune uns später zum Guten diente. Mit Gottes Hilfe konnten wir uns ein Haus auf diese Fläche stellen und viele Jahre darin leben.
Als die ersten Familien von einer möglichen Ausreise nach Deutschland sprachen, interessierte uns dies zunächst nicht. Doch eine bekannte Familie organisierte die Ausreise für uns. Diese Fürsorge hatte der Herr ihnen aufs Herz gelegt. Als wir über die Ankunft unserer Papiere informiert wurden, sollte unser Sohn sie bei der zuständigen Stelle abholen.
Mein Mann sagte zu ihm: „Geh und frage nach den Dokumenten. Man wird dir sagen, sie seien nicht angekommen. Du aber sage ihnen: Öffnen Sie diese bestimmte Schublade, dort liegen die Dokumente.“ Und tatsächlich, genau so geschah es. So segnete Gott uns zu seiner Zeit und wir kamen schließlich im Kreis Rottweil an, wo wir seitdem wohnen.
Nadja Stebner
Gemeinde Irslingen-Neukirch