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Eine gesunde Gemeinde deckt so gut wie jede Altersspanne ab. Nicht immer verläuft die Kommunikation zwischen der älteren und der jüngeren Generation reibungslos. Die christliche Tugend des Gehorsams wird scheinbar immer unpopulärer. Die Heilige Schrift ruft die Nachfolger Jesu zu einem einheitlichen Wirken im Leib Christi auf. Wie lässt sich dies in der Praxis umsetzen? Welchen Stellenwert sollten wir den Vorstehern der Gemeinde und ihren Erkenntnissen dabei einräumen?
„Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen. Ich schreibe euch, Väter, weil ihr den erkannt habt, ⟨der⟩ von Anfang an ⟨ist⟩. Ich schreibe euch, ihr jungen Männer, weil ihr den Bösen überwunden habt. Ich habe euch geschrieben, Kinder, weil ihr den Vater erkannt habt. Ich habe euch, Väter, geschrieben, weil ihr den erkannt habt, ⟨der⟩ von Anfang an ⟨ist⟩. Ich habe euch, ihr jungen Männer, geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt“ (1.Joh 2,12-14).
Stillstand bedeutet Rückschritt
Apostel Johannes adressiert in 1.Johannes 2,12-14 drei verschiedene Personengruppen – Väter, junge Männer (Jünglinge) und Kinder. Doch einleitend beginnt er mit den Worten: „Ich schreibe euch, Kinder…“ Hier sind nicht die Kinder als besondere Gruppe gemeint. Diese Einleitung richtet sich an die ganze Gemeinde (vgl. 1.Joh 2,28; 3,7 und 5,21). Er setzt alle auf eine gemeinsame Ebene. Johannes sieht sich hier als Vater der Gemeinde und schreibt dementsprechend in einem väterlichen, ermahnenden Stil. Nach diesem Vorwort beginnt er damit, explizit verschiedene Gruppen anzusprechen, die er anhand ihrer geistlichen Reife bzw. Erkenntnis unterscheidet – nicht notwendigerweise nach ihrem biologischen Alter.
Diese Unterteilung ist nicht nur in der Gemeinde des 1. Jahrhunderts, sondern auch heute in jeder Gemeinde vorzufinden. Ab dem Moment, in dem ein Mensch gläubig wird, beginnt seine geistliche Entwicklung, die mit zunehmender Erkenntnis einhergeht. Neben der zuvor genannten Gemeinsamkeit (Vers 12) betont Johannes im 14. Vers auch wesentliche Unterschiede zwischen den Gruppen.
Es ist wichtig zu betonen, dass eine gesunde geistliche Entwicklung im Leben eines Gläubigen sichtbar sein sollte. Diese Form des Fortschritts nennen wir Heiligung und sie sollte niemals aufhören. Apostel Petrus formuliert es in 1.Petrus 2,2 so: „Und seid wie neugeborene Kinder, begierig nach der vernünftigen, unverfälschten Milch – damit ihr durch sie wachset zur Rettung.“
Bemühen wir uns, zu einem vollkommenen Mann heranzuwachsen? Setzen wir allen Fleiß daran, ein geistlicher Vater zu werden?
Überzeugende Unterschiede
Wie bereits erwähnt, führt Apostel Johannes im 12. Vers der Gemeinde die wichtige gemeinsame Grundlage des Evangeliums vor Augen: die Vergebung der Sünden durch Jesus Christus. Dies ist der Ausgangspunkt für jeden Menschen, der gläubig geworden ist. Von diesem Zeitpunkt an waren wir alle gleich. Der deutsche Theologe Werner de Boor äußert sich dazu folgendermaßen: „Gerade die Vergebung der Sünden ist etwas, was wir nie selbstverständlich haben, sondern ein wunderbares Geschenk, dessen wir immer neu versichert werden müssen“ (Wuppertaler Studienbibel, R. Brockhaus, 1.Johannesbrief, S.57). Auf diese wertvolle Wahrheit weist Apostel Johannes hin, da er einige Gefahren auf die Gemeinde zukommen sieht. Er bemüht sich, die biblischen Fundamente unverfälscht weiterzugeben, damit die Gemeinde sie bewahren kann. Seine damit einhergehenden Sorgen sind deutlich zu erkennen.
Als das 1. Jahrhundert langsam zu Ende geht, beginnen einige Christen, sich von der Wahrheit in Jesus abzuwenden. Dies veranlasst den Jünger Jesu dazu, die drei Johannesbriefe zu verfassen. Er fühlt sich als Vater der Gemeinde dafür verantwortlich, gegen Bestrebungen von außen, wie z.B. Irrlehren (Gnostizismus, vgl. 1.Joh 5,20), vorzugehen. Er warnt davor, die erste Liebe zu verlassen und sich der Welt zuzuwenden (vgl. 1.Joh 2,15-17).
Zudem erkennt Johannes, dass die Gründergeneration nicht mehr lebt und somit die Verbindung zu denen, die Jesus persönlich kannten, verloren geht. Nicht ohne Grund werden die Johannesbriefe auch „Liebesbriefe“ genannt, da der Apostel die Gemeinde liebevoll zurechtweist, aber auch seine Bedenken mitteilt. Seine „Kinder“ sollen verstehen, dass die Glaubensüberzeugungen und Lehren der Gemeinde auf den persönlichen Überlieferungen Jesu an Seine Jünger basieren – und nicht auf menschlicher Weisheit.
Auch wenn die Gläubigen durch ein und dieselbe Tat am Kreuz verbunden sind, gibt es dennoch große Unterschiede in ihrer geistlichen Entwicklung. Sollten die geistlichen Kinder und Jünglinge daher nicht besser auf die Väter der Gemeinde hören und von deren Weitsicht und Erfahrung profitieren?
Die Problematik des Generationen-Konflikts
Eine gesunde Gemeinde Gottes lässt sich grob in zwei Personengruppen einteilen. Zunächst wären da die Älteren der Gemeinde, die Johannes als „Väter“ bezeichnet. Des Weiteren gibt es die Jüngeren im Leib Christi, die der Apostel als „junge Erwachsene“ oder auch „Jünglinge“ bezeichnet. Auch die „Kinder“ im Glauben sind dieser Kategorie zuzuordnen.
Es gab schon immer eine Kluft zwischen Jung und Alt. Die Älteren haben im Laufe ihres Lebens viele Erfahrungen gesammelt. So bedeutend und wertvoll diese Erfahrungen auch sind, sind sie nicht das ausschlaggebende Kriterium. Johannes hebt die Väter hervor, weil sie den erkannt haben, der von Anfang an ist (V.13). Daraus lässt sich schließen, dass sie in persönlicher und lebendiger Verbundenheit mit dem stehen, der von Anfang an da war (vgl. Kol 1,18).
Den Jünglingen hingegen schreibt der Apostel, dass sie stark sind, dass das Wort Gottes in ihnen bleibt und sie den Bösen überwunden haben (V.14c). Das bedeutet, sie haben den Sieg bereits errungen und sollen nun in diesem leben. Die Kinder wiederum haben den Vater erkannt (V.14a), brauchen jedoch die Fürsorge, die ihnen die Richtung weist und in allen Lebensfragen beisteht. Denn es sind die Väter, die Weisheit und Verstand besitzen (vgl. Hiob 12,12).
In 1.Johannes 2,12-14 lässt sich deutlich erkennen, dass die Jüngeren auf die Älteren angewiesen sind. Dem Jünger Jesu ist es äußerst wichtig, dass die Gemeinde sich nicht von Irrlehrern und Verführern in die falsche Richtung treiben lässt. Deshalb sollen die Jüngeren auf diejenigen hören, die im Glauben als Väter vorangehen (vgl. 5.Mo 32,7).
Ein Beispiel für einen solchen Generationenkonflikt ist das Thema Musik. Während ein Teil der jungen Generation zunehmend moderne Musik hört und diese auch in die Gemeinde integrieren möchte, bevorzugt vor allem die ältere Generation die bewährten und im Leid erprobten Lieder. Nicht jedes Lied, das als „christlich“ kategorisiert wird, ist automatisch vom Geist inspiriert. Es ist nicht nur der Text, der entscheidend ist; es gibt verschiedene Faktoren, die bei der Auswahl von Liedern für den Gottesdienst eine Rolle spielen. Hier bedarf es erfahrener Geschwister, die im musikalischen Bereich eine fundierte Bewertung abgeben können.
Dem Generationenkonflikt, insbesondere in Bereichen wie der Musik, lässt sich durch das Leben in den christlichen Tugenden entgegenwirken. Insbesondere der demütige und gehorsame Wandel der jungen Generation sollte sichtbar werden.
Der untadelige Beweggrund
Vor allem in Glaubensfragen äußern Jugendliche gegenüber Gemeindevorstehern häufig den Satz: „Wir leben doch in einer ganz anderen Zeit als ihr. Eure Ansichten sind veraltet und nicht mehr zeitgemäß!“ Doch ist das wirklich so? Sind die Ansichten unserer Eltern und Glaubensväter tatsächlich aus der Mode gekommen?
Die biblischen Werte und Ordnungen sind nicht zeitlich begrenzt, sondern gelten, solange diese Welt in ihrer jetzigen Form existiert und darüber hinaus (vgl. 1.Petr 1,25). Was Jesus den Menschen und Seinen Jüngern predigte, ist auch heute noch von größter Bedeutung für uns.
Was uns im Glauben zur Gewissheit geworden ist, sollen wir mit allen Mitteln verteidigen und nicht verfälschen.
Als bibeltreue Christen ist es unabdingbar, daran zu glauben, dass es absolute und allgemeingültige Wahrheiten gibt. Diese Wahrheiten gelten unabhängig von Zeit und Ort – also immer. Heutige Jugendliche lehnen oft eine objektive Wahrheit ab und glauben, dass Wahrheit vielseitig sein kann und nicht eindeutig definierbar ist. Diese Sichtweise entsteht durch Prägungen, zum Beispiel in der Schule, im Beruf oder durch säkulare Musik. Dadurch kommt es, dass biblisch fundierte Wahrheiten von Jugendlichen als bloße Tradition und als nicht mehr aktuell abgestempelt werden.
Der Dichter des 119. Psalms wünscht sich in Vers 33: „Lehre mich, HERR, den Weg deiner Ordnungen, und ich will ihn bewahren bis ans Ende.“ Gottes Ordnungen, Grundsätze und Prinzipien sind nicht dem Zeitgeist unterworfen, sondern sind immer aktuell. Es ist von großer Bedeutung, neue und abweichende Erkenntnisse kritisch zu prüfen und den erprobten, bibeltreuen Einsichten unserer Glaubensväter Vertrauen zu schenken.
Eine Sache möchte ich zum Abschluss hervorheben: Wenn unsere Väter etwas von uns fordern, geschieht dies nicht aus Kontrollwahn, sondern aus der Liebe des himmlischen Vaters. Der untadelige Beweggrund lautet Liebe (vgl. 1.Joh 4,10).
Als Gott Seinem Volk Israel die Zehn Gebote gab, tat Er dies nicht, um Seinen Kindern etwas zu verbieten, sondern damit sie ein heiliges, Gott wohlgefälliges Leben führen (vgl. 5.Mo 5,1).
Unserem König ist es äußerst wichtig, dass wir unseren Vorstehern der Gemeinde – den Glaubensvätern – mit Gehorsam und Demut begegnen. Sie wollen, dass wir zu tieferer Gotteserkenntnis gelangen und unseren Herrn und Heiland Jesus Christus persönlich erfahren. Sie haben es uns vorgelebt. Sie sehen das Leben aus Gottes Sicht und legen alles auf die göttliche Waage. Zudem besitzen die Väter eine Weitsicht, die den Jünglingen fehlt. Wo die jungen Männer jetzt stehen, da waren die Väter schon lange. Aus ihrer Erfahrung und ihrem geistlich erfüllten Leben heraus können sie uns in allen Lebenslagen ein Vorbild sein.
Lasst uns im Gehorsam wandeln und in der unverfälschten Wahrheit verbleiben – im Original und nicht in der Kopie. Apostel Johannes drückt es so aus: „Was ihr von Anfang an gehört habt, bleibe in euch! Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang an gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohn und in dem Vater bleiben“ (1.Joh 2,24).
Jonas Schimann
Gemeinde Hannover
Bibelstellen sind der Elberfelder Übersetzung entnommen.
Literatur:
[1] Boor, W. (2018). Wuppertaler Studienbibel. SCM R. Brockhaus
[2] McDowell, J. (2002). Generation ohne Bindung? CV Dillenburg
[3] Maier, W. Skript Gemeindearbeit. Bibelschule-Stephanus
[4] Kelly, W. (Reprint 2023). Einführender Vortrag zum 1. Johannesbrief. VCG