Woher stammt die Würde des Menschen? In diesem Text werden zwei unterschiedliche Perspektiven betrachtet. Er möchte dich ermutigen, mit Freude und Demut die gottgegebene Würde zu schätzen und jeden Moment deines Lebens zu nutzen, um nach der Herrlichkeit und Ehre zu streben, mit der Gott dich gekrönt hat.
Bist du schon einmal damit konfrontiert worden, wie du zur Schöpfung stehst? Ich hatte einmal ein Gespräch mit einem Pastor der Landeskirche, der mich fragte, wie ich als wissenschaftlich gebildeter Mensch überhaupt an die Schöpfung glauben könne. Eine derartige Frage hatte ich von einem Pastor nicht erwartet. Doch ich konnte die Gelegenheit nutzen, Zeugnis darüber abzulegen, warum ich an Gott und Seine wunderbare Schöpfung glaube.
Du und ich sind nach dem Ebenbild Gottes geschaffen. Welch eine wunderbare Botschaft, die wir im Wort Gottes finden. Das ist eine große Ehre, die Gott den Menschen zuteilwerden lässt, aber zugleich auch eine große Verantwortung.
Doch was bedeutet es in der Praxis, dass wir nach dem Bilde Gottes geschaffen sind?
In diesem Text möchte ich betrachten, mit welcher Würde Gott uns umgibt und zugleich aufzeigen, welche Konsequenzen sich daraus für uns Menschen ergeben.
Die Würde des Menschen
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz). Mit diesem prägenden und zugleich wunderbaren Satz beginnt das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Doch eigentlich ist es nicht ganz richtig zu sagen, dass das Grundgesetz damit beginnt. Denn vorher steht eine Präambel – eine feierliche Erklärung als Einleitung. Diese beginnt mit den Worten: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen (…)“.
Viele der Väter und Mütter der deutschen Verfassung waren gläubige Menschen. Sicherlich haben sie bei der Formulierung der Worte des Grundgesetzes daran gedacht, dass Gott den Menschen geschaffen hat, und in diesem Bewusstsein haben sie die oben genannten Worte gewählt. Damit wird eine spannende Frage aufgeworfen: Woher kommt die Würde des Menschen? Gibt sich der Mensch die Würde selbst oder gibt es eine noch viel höhere Würde, die von Gott kommt?
Die Würde des Menschen aus weltlicher Sicht
Der Unterschied zwischen den beiden Fragestellungen ist folgender: Wenn sich der Mensch die Würde selbst gibt, dann entspricht das einem humanistischen Weltbild. Die Welt wird also vom Menschen her gedacht. Gott und die geistliche Welt spielen dabei keine Rolle. Im Zentrum stehen der Mensch und seine Werte. Es werden die Selbstbestimmung, die Würde und die Verantwortlichkeit des Menschen betont. Es ist ein Weltbild, in dem Gott nicht mitgedacht wird, sondern der Mensch allein in den Mittelpunkt rückt. Aus diesem Denken entspringt die Vorstellung, dass der Mensch, weil er im Mittelpunkt steht, einen eigenen Wert besitzt und daher mit Respekt behandelt werden sollte.
Selbstbestimmung ist dabei ein zentrales Element. Der Mensch soll sich frei entfalten können und – wie man so schön sagt – tun und lassen, was er möchte. Im Kern ist er nur sich selbst verantwortlich und in begrenztem Maße anderen Menschen gegenüber. Seine Freiheit wird höchstens durch die Vernunft oder durch staatliche Gesetzgebung eingeschränkt.
Die Würde des Menschen aus biblischer Sicht
Weil Gott der Schöpfer und Herr ist, haben wir ein ganz anderes Weltbild und das hat Auswirkungen auf unser Verständnis vom Menschen. Der Mensch hat von Gott eine große Würde verliehen bekommen, denn er ist nach dem Ebenbild Gottes geschaffen.
„Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie“ (1.Mo 1,27).
Welch eine große Tat Gottes! Immer wieder erfüllt mich Ehrfurcht vor dem Schöpfungswerk Gottes, wenn ich daran denke, dass jeder einzelne Mensch nach Seinem Ebenbild geschaffen ist. Dies verleiht uns Menschen eine große Ehre und Herrlichkeit, die uns täglich daran erinnert, wie sehr Gott jeden Menschen liebt und ihn mit göttlicher Würde umgibt.
„Wenn ich deinen Himmel betrachte, das Werk deiner Finger, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du an ihn gedenkst, und der Sohn des Menschen, dass du auf ihn achtest? Du hast ihn ein wenig niedriger gemacht als die Engel; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände gemacht; alles hast du unter seine Füße gelegt“ (Ps 8,4-7).
Hier wird deutlich, dass Gott uns Menschen eine hohe und verantwortungsvolle Stellung auf der Erde gegeben hat. Gleichzeitig bedeutet das, dass wir niemals die Würde eines anderen Menschen in Frage stellen oder antasten dürfen. Wer das tut, erniedrigt das Schöpfungswerk Gottes. Es wäre Sünde, da jeder Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen ist und somit Träger der von Gott verliehenen Herrlichkeit und Ehre ist.
Die Würde des Menschen aus biblischer Sicht betont somit einerseits die Herrlichkeit und Ehre, mit der Gott uns gekrönt hat, und anderseits, dass der Mensch in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Gott steht. Der Mensch steht nicht im Mittelpunkt des Weltgeschehens, sondern Gott als Schöpfer steht über allem.
„Denn in ihm ist alles erschaffen worden, was im Himmel und was auf Erden ist, das Sichtbare und das Unsichtbare, seien es Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: Alles ist durch ihn und für ihn geschaffen; und er ist vor allem, und alles hat seinen Bestand in ihm“ (Kol 1,16-17). Daher soll der Mensch nicht tun und lassen, was er möchte, sondern sich nach Gottes Willen ausrichten. Er soll die Würde, die Gott ihm verliehen hat, zur Entfaltung bringen, indem er nach Herrlichkeit und Ehre strebt.
Welche praktischen Konsequenzen hat es nun für unser Leben, dass wir nach dem Ebenbild Gottes geschaffen sind und unsere Würde von Ihm empfangen haben? Im Folgenden sollen einige praktische Konsequenzen betrachtet werden.
Der Mensch soll sich nach Gottes Willen ausrichten und die Würde, die Gott ihm verliehen hat, zur Entfaltung bringen, indem er nach Herrlichkeit und Ehre strebt.
Streben nach Herrlichkeit und Ehre
Dass Gott uns nach Seinem Bilde geschaffen hat, bedeutet nicht, dass wir ohne Sünde und vollkommen sind. Wir Menschen machen Fehler und haben mit Versuchungen zu kämpfen. Niemand von uns steht es zu, andere zu richten oder zu verurteilen.
Wenn wir uns in die Position eines Richters versetzen und ein Urteil über einen anderen Menschen fällen, verurteilen wir uns damit selbst (vgl. Röm 2,1-3). Darum hat Gott uns nicht dazu bestimmt, Richter auf dieser Erde zu sein, sondern darauf zu achten, wie wir selbst leben. Ein ganz wichtiger Aspekt unseres Wandels macht uns Römer 2,6-8 deutlich: „Der jedem vergelten wird nach seinen Werken: denen nämlich, die mit Ausdauer im Wirken des Guten Herrlichkeit, Ehre und Unvergänglichkeit erstreben, ewiges Leben; denen aber, die selbstsüchtig und der Wahrheit ungehorsam sind, dagegen der Ungerechtigkeit gehorchen, Grimm und Zorn!“ Gott hat uns also einerseits mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt und andererseits dazu berufen, nach Herrlichkeit und Ehre zu streben. Wie passt das zusammen? Wenn wir bereits mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt sind, müssen wir doch nicht mehr danach streben.
Doch aus dem zuvor zitierten Psalm 8 sowie aus dem Römerbrief wird deutlich, dass wir zwar Träger der göttlichen Herrlichkeit und Ehre sind, es aber an uns liegt, ob diese in unserem Leben sichtbar wird. Danach zu streben bedeutet also, dass wir zum einen Gottes Herrlichkeit und Ehre suchen und zum anderen, dass dies durch unser Leben sichtbar wird. Das hebräische Wort für Herrlichkeit ist „Kavod“ und kann übersetzt werden mit Schwere, Gewicht, Anerkennung, Würde, Herrlichkeit und Ehre. Es beschreibt die sichtbare Gegenwart Gottes, Sein Wesen und Seine Majestät.
Vor allem aber bedeutet dieses Streben, dass wir danach trachten sollen, Jesus Christus ähnlicher zu werden. Er selbst ist die Offenbarung Gottes an uns; in Ihm sehen wir die Herrlichkeit des Vaters: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14). Er ist die Ausstrahlung Seiner Herrlichkeit (vgl. Hebr 1,3), der zwar ein wenig unter die Engel erniedrigt wurde, aufgrund Seines Leidens aber mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt wurde (vgl. Hebr 2,8-9).
Indem wir Jesus ähnlicher werden, führt Er uns zur Herrlichkeit. Er ist der Urheber unserer Rettung, und durch Ihn haben wir Zugang zum ewigen Leben. Dazu gehört, dass wir uns der Rettung durch Christus nicht schämen, sondern die Freude über die empfangene Herrlichkeit und Ehre sichtbar werden lassen – indem wir die frohe Botschaft anderen verkündigen.
Die richtige Stellung im Bezug zu Gott und dem Nächsten
Wenn wir anerkennen, dass unsere Würde von Gott gegeben ist, dann gehört auch dazu, dass wir uns fragen, was die richtige Stellung von uns zu Gott und unserem Nächsten ist. Einerseits können wir voller Dankbarkeit und Selbstbewusstsein daran festhalten, dass wir Gottes Geschöpfe sind und wunderbar und ausgezeichnet geschaffen sind (vgl. Ps 139,14). Andererseits ist es wichtig, nicht höher von sich selbst zu denken, als es sich gebührt: „Denn ich sage kraft der Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass er nicht höher von sich denke, als sich zu denken gebührt, sondern dass er auf Bescheidenheit bedacht sei, wie Gott jedem Einzelnen das Maß des Glaubens zugeteilt hat“ (Röm 12,3).
Wir sollen uns also weder zu gering schätzen noch zu hoch von uns denken. Wir brauchen eine Bescheidenheit und Besonnenheit im Wandel mit Gott und im Umgang mit dem Nächsten. So wie ich erkennen darf, dass ich ein wunderbares Geschöpf Gottes bin, muss ich auch erkennen, dass mein Nächster es ebenso ist.
Wir brauchen ein demütiges Herz, um aufrichtig vor Gott wandeln zu können. Dabei ist es sehr entscheidend, dass wir echte Demut im Herzen haben.
In dem Buch „Gott liebt keine Kompromisse“, einer Zusammenstellung mehrerer Zeitschriftenartikel von A.W. Tozer, schreibt er im Kapitel „Echte und falsche Demut“ (S. 152 ff.):
„Für den Christen ist die Demut absolut unerlässlich. Ohne sie kann es keine Selbsterkenntnis, keine Buße, keinen Glauben und keine Errettung geben. Die Verheißungen Gottes sind dem Demütigen geschenkt worden. (…) Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass es so etwas wie eine falsche Demut gibt, die sich von der wahren kaum unterscheiden lässt. (…) Wahre Demut ist etwas Gesundes. Der demütige Mensch nimmt die Wahrheit über sich selbst an. Er weiß, dass in seiner gefallenen Natur nichts Gutes ist. Er erkennt an, dass er losgelöst von Gott nichts ist, nichts hat, nichts weiß und nichts kann. Doch dieses Wissen entmutigt ihn nicht, denn er weiß auch, dass er in Christus zu einer Persönlichkeit geworden ist. In den Augen Gottes ist er kostbar und durch Christus, der ihn stärkt, vermag er alles. Somit hat er also Freiheit, alles zu tun, was für ihn im Willen Gottes liegt.
Falsche Demut ist tatsächlich nichts anderes als Hochmut mit einem anderen Gesicht. Sie wird in dem Gebet des Mannes deutlich, der sich vor Gott selbst verdammt, indem er sich als schwach, sündig und töricht bezeichnet, es jedoch nie verzeihen könnte, wenn seine Frau ihm dasselbe sagen würde (…).“
Fehlende oder falsche Demut verhindert, dass wir nach Herrlichkeit und Ehre streben können. Daher ist es für uns von großer Bedeutung, unser Verhältnis zu Gott richtig einzuschätzen und in wahrer Demut die Stellung einzunehmen, zu der Gott uns berufen hat.
Freude am christlichen Lebensstil
Wir dürfen uns darüber freuen, dass Gott uns nach Seinem Ebenbild geschaffen hat und wir berufen sind, durch unser Leben Jesus Christus widerzuspiegeln. Interessanterweise haben sich die ersten Christen das Prädikat „Christ“ nicht selbst gegeben, sondern die Menschen in Antiochia erkannten ihren Wandel und sahen, dass sie wie Jesus Christus lebten. Daraufhin nannten sie die Jünger Jesu „Christen“ (vgl. Apg 11,26).
Manchmal brauchen wir vielleicht auch einen Paulus, der uns immer wieder daran erinnert, dass wir uns in unserem Herrn Jesus Christus freuen sollen. Diese Ermahnung ist notwendig, weil uns die Freude im Herrn hilft, fest im Glauben zu werden (vgl. Phil 3,1).
Wir brauchen uns unseres christlichen Lebensstils nicht zu schämen. Vielleicht wirst du wegen deines Kleidungsstils belächelt und weil du nicht die Mode trägst, die viele andere Menschen in deiner Umgebung tragen. Sicherlich hat sich auch schon mancher eine spöttische Bemerkung über die „große Familie“ anhören müssen. Zum Streben nach Gottes Herrlichkeit und Ehre gehört auch, dass wir bereit sind, unabhängig vom jeweiligen Zeitgeist zu agieren und die uns von Gott gegebene Würde und Ehre hochzuhalten und zu dem zu stehen, was wir von Gott erkannt haben.
Interessanterweise hören wir ablehnende Äußerungen oft in oberflächlichen Gesprächen. Wenn man jedoch mit Menschen tiefer ins Gespräch kommt, erfährt man häufig andere Töne. Viele sagen dann, dass sie zwar irgendwie an Gott glauben, Ihn aber nur in Zeiten der Not suchen; dass sie zerrüttete oder kaputte Familien haben und sich eigentlich auch eine intakte Familie und echten Zusammenhalt wünschen.
Daher sollten wir Mut haben, zu unserem Glauben und unserer Glaubenspraxis zu stehen. Viele Menschen sind innerlich zerstört, ihnen fehlt Hoffnung, Halt und Orientierung im Leben. Wir aber dürfen Lichtträger sein – stets bereit, etwas von der Herrlichkeit Gottes widerzuspiegeln und den Menschen Licht, Hoffnung und Freude zu bringen.
Der Mensch als Ebenbild Gottes – große Ehre und zugleich große Verantwortung!
Einsatz für die Schwachen
Gerade weil wir davon überzeugt sind, dass Gott dem Menschen seine Würde verliehen hat, ist es von großer Bedeutung, dass wir uns für die Schwachen und Ausgestoßenen in der Gesellschaft einsetzen. Dazu gehören unter anderem arme Menschen, Menschen mit Behinderungen, Migranten, alte Menschen, kinderreiche Familien und ungeborene Kinder: „Den Fremdling sollst du nicht bedrängen noch bedrücken; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen im Land Ägypten. Ihr sollt keine Witwen und Waisen bedrücken. Wenn du sie dennoch in irgendeiner Weise bedrückst und sie schreien zu mir, so werde ich ihr Schreien gewiss erhören, und dann wird mein Zorn entbrennen, sodass ich euch mit dem Schwert umbringe, damit eure Frauen zu Witwen werden und eure Kinder zu Waisen“ (2.Mo 22,20-23)!
Gott, unserem Herrn, ist es sehr wichtig, dass wir benachteiligten Menschen helfen, ihnen beistehen und sie nicht zusätzlich bedrängen oder gar über sie spotten. Gott hört das Gebet des Elenden, und wenn wir ihm nicht helfen, müssen wir mit den Konsequenzen rechnen. Gott liegt es am Herzen, dass wir die empfangene Liebe an andere weitergeben und sie insbesondere praktisch leben.
Unser Glaube ist sogar tot, wenn wir die von Gott empfangene Liebe nicht in die Tat umsetzen (vgl. Jak 2,16-17). In Sprüche 14,31 heißt es zudem: „Wer den Schwachen unterdrückt, der lästert seinen Schöpfer, wer Ihn aber ehren will, der erbarmt sich über den Armen.“ Hier finden wir wieder den Bezug zu der Würde, die Gott uns dadurch gegeben hat, dass Er uns nach Seinem Bild geschaffen hat.
Der Einsatz für die Schwachen und Unterdrückten steht auch in engem Zusammenhang mit der Heiligkeit Gottes. Weil Gott heilig ist, sollen auch wir heilig sein. Als Seine Geschöpfe ist es unsere Aufgabe, etwas von Seiner Heiligkeit widerzuspiegeln. Das 3. Buch Mose, Kapitel 19, trägt in vielen Bibeln die Überschrift „Vom Umgang mit Gott und dem Nächsten“. Gleich zu Beginn wird betont, dass wir heilig sein sollen, weil Gott heilig ist. Anschließend werden Verhaltensweisen beschrieben, die zu einem heiligen Leben gehören – etwa, dass man etwas von seinem Ertrag für den Armen übrig lassen soll oder keinem Blinden einen Stein in den Weg legen darf.
Gott hat jeden Einzelnen von uns in gleicher Weise geschaffen. Darum erwartet Er auch, dass wir gerecht miteinander umgehen – mit uns selbst und mit unserem Nächsten.
Gottgegebene Würde in jeder Situation unseres Lebens
Die Würde gegenüber sich selbst und auch gegenüber anderen zu wahren, ist entscheidend für unser geistliches Leben. Gerade in extremen und herausfordernden Situationen brauchen wir die Verbindung zu Gott, um Seine Herrlichkeit und Ehre auch dann widerzuspiegeln.
Wenn wir in die Geschichte zurückblicken, finden wir zahlreiche Beispiele für Menschen in schwersten Lebensumständen. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden die Juden verfolgt und ermordet. Leider haben sich auch vermeintliche Christen an diesen Verbrechen beteiligt und dabei keinerlei Schuld empfunden. Wer solche Taten beging und beispielsweise Juden verriet, lud schwere Schuld auf sich, weil er damit Gottes Schöpfungswerk verhöhnte und den Juden ihre von Gott gegebene Würde absprach.
Doch nicht alle handelten so: Es gab auch Christen, die das Wort Gottes ernst nahmen. So zum Beispiel Corrie ten Boom, die zusammen mit ihrer Familie vielen Juden half zu fliehen und sich zu verstecken. Sie nahmen jüdische Menschen sogar in ihrem eigenen Haus auf, in vollem Bewusstsein der Gefahr, der sie sich dadurch selbst aussetzten. Damit erfüllten sie den göttlichen Auftrag, den Nächsten zu lieben, und bewahrten zugleich ihre eigene Würde.
Das vollkommene Vorbild eines Lebens in Würde hat uns Christus selbst gegeben. Selbst im Leiden und Sterben zeigte Er, was wahre Würde bedeutet. Er sprach: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lk 23,34). Selbst als Er verspottet und gequält wurde, begann Er nicht, Seine Peiniger anzuschreien oder zu beschimpfen. Wie ein Lamm trug Er die Schmerzen und die Schmach, denen Er um unsertwillen ausgesetzt war. Doch gerade um Seiner Leiden willen ist Er mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt worden: „Wir sehen aber Jesus, der ein wenig niedriger gewesen ist als die Engel wegen des Todesleidens, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt; er sollte ja durch Gottes Gnade für alle den Tod schmecken“ (Hebr 2,9).
Im Eingangschor der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach heißt es dazu:
Herr, unser Herrscher, dessen Ruhm in allen Landen herrlich ist.
Zeig uns durch deine Passion, dass du, der wahre Gottessohn,
zu aller Zeit, auch in der größten Niedrigkeit, verherrlicht worden bist.
Auch in Zeiten der Erniedrigung, der Qual oder der Verachtung soll durch unser Leben Jesus sichtbar werden. Dies gelingt, wenn wir sanftmütig bleiben, vergeben und auch bereit sind, diejenigen zu segnen, die uns feindlich gesinnt sind. Vergebung und Sanftmut sind kein Ausdruck der Machtlosigkeit, sondern Ausdruck höchster Macht und Ehre. Sie zeigen, dass wir unabhängig von den Umständen unserem Herrn treu dienen und Ihn durch unser Verhalten verherrlichen.
Gottgegebene Würde – sie ist ein Geschenk unseres Schöpfers. Darum soll es stets unser Gebet sein, die Herrlichkeit und Ehre, mit der Er uns gekrönt hat, sichtbar werden zu lassen. Dadurch wird unser Heiland verherrlicht und Sein Name groß gemacht.
Stefan Bloch
Gemeinde Bielefeld