Die Frage nach dem Wesen des Menschen gehört zu den zentralen Themen der Heiligen Schrift. Die Bibel offenbart uns, dass der Mensch nicht zufällig entstanden ist, sondern in besonderer Weise nach Gottes Bild geschaffen wurde. Diese Wahrheit prägt unser Selbstverständnis, unsere Verantwortung und unsere Hoffnung. In Jesus Christus hat Gott selbst gezeigt, wie das Leben im Einklang mit Seinem Wesen aussehen soll.
Die Bibel als Botschaft Gottes offenbart uns Geheimnisse über das Bild Gottes. Sie zeigt Ihn als den großen Schöpfer, der zugleich ein einzigartiges Geschöpf ins Leben ruft – den Menschen. „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen nach unserem Bild, uns ähnlich […] Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie“ (1.Mo 1,26-27).
Gott selbst nahm bei der Erschaffung des Menschen Sein eigenes Bild als Vorbild. „Da bildete Gott der HERR den Menschen, Staub von der Erde, und blies den Odem des Lebens in seine Nase, und so wurde der Mensch eine lebendige Seele“ (1.Mo 2,7). Dieses Werk ging aus Seiner Hand hervor, und Er selbst bewertete es mit „sehr gut“.
Der weitere Bericht der Bibel zeigt, dass der Mensch den Zustand der innigen Gemeinschaft unter der Herrlichkeit Gottes im Garten Eden nicht bewahren konnte. Es kam zum Sündenfall. Durch die Übertretung des Gebotes, nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu essen, kam die große Tragödie in die Menschheitsfamilie. Das von Gott gesprochene Wort erfüllte sich: Der Tod trat ein und damit die Trennung von Gott. Die Ausweisung aus dem Garten Eden, ein mühevolles Leben und Schmerzen sind Folgen dieser Übertretung.
Doch dieser Zustand gefällt auch dem Schöpfer nicht. Darum hat Er einen Zeitpunkt bestimmt, an dem alles anders werden wird. Die Bibel sagt: „Wolf und Lamm werden einträchtig weiden, und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, und die Schlange wird sich von Staub nähren. Sie werden nicht Schaden noch Verderben anrichten auf meinem ganzen heiligen Berg!“ (Jes 65,25). Das schenkt Hoffnung und führt uns zu der Frage: Wann ist es so weit?
Gottes Geschöpf – Verantwortung und Berufung
Die Geschichte der frühen Menschheit zeigt, welch besonderen Stellenwert Gott, der Schöpfer, Seinem Ebenbild zugedacht hat. Tiere und andere Lebewesen unterscheiden sich in einem entscheidenden Punkt vom Menschen: Nach Gottes Bestimmung tragen sie keine moralische Verantwortung. Allein der Mensch ist dazu verpflichtet, nach ethischen Maßstäben zu leben und sein Handeln vor Gott zu verantworten. Dies macht der Dialog zwischen Gott und Adam deutlich: „Wo bist du? Hast du nicht gegessen? Habe ich dir nicht gesagt?“
Die Folgen des Ungehorsams waren gravierend. Adam und Eva mussten den Garten Eden verlassen, die Erde bebauen und für das Leben kämpfen (vgl. 1.Mo 3,7‑19). Über den Menschen sagte Gott der HERR: „Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner, indem er erkennt, was Gut und Böse ist“ (1.Mo 3,22). Diese Fähigkeit, Gut und Böse zu unterscheiden, überträgt uns eine große Verantwortung für unser Handeln und für das Leben auf der Erde. Allein die Bezeichnung „nach unserem Bild“ hängt die Messlatte schon sehr hoch.
Wer sich mit dieser wichtigen und spannenden Thematik näher auseinandersetzt, kommt schnell zu folgender Frage: „Wie ist das Wesen Gottes, dem wir ähnlich sein sollen? Dies sind die größten Gedanken, zu denen der menschliche Geist fähig ist. Auch das Wort über oder für Gott ist in jeder Sprache der höchste Ausdruck“ [vgl. A.W. Tozer – Das Wesen Gottes].
Der himmlische Vater hat uns in Seinem Sohn Jesus Christus ein vollkommenes Beispiel gegeben. Jesus selbst sagt in Johannes 13,15: „Denn ein Vorbild habe ich euch gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ Dieses Vorbild fordert uns auf, ebenso zu handeln. Nur so können wir wahre Gotteskinder sein, wie Jesus in Matthäus 5,45 erklärt: „Damit ihr Söhne eures Vaters im Himmel seid.“ Auch der Apostel Paulus erinnert: „Werdet Gottes Nachahmer als geliebte Kinder“ (vgl. Eph 5,1).
Diese Aufforderungen sind keine Wünsche oder gutgemeinten Empfehlungen, sondern stellen eine ernsthafte Verantwortung gegenüber Gott und unseren Mitmenschen dar. Sie konfrontieren uns mit der Frage: Weiß ich wirklich, wie das Wesen Gottes ist? Kenne ich die himmlische Persönlichkeit, die sich in Jesus Christus offenbarte? Im Handeln Jesu auf Erden erkennen wir göttliche Eigenschaften von höchster Vollkommenheit, wie uns die Bibel bezeugt.
Die Herrlichkeit Gottes und die Nachfolge Jesu
Die rechte Vorstellung von Gott ist die Grundlage für ein lebendiges Glaubensleben und ein zentrales Bedürfnis der Kinder Gottes. Jesus betete im Garten Gethsemane: „Und ich habe die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben, auf dass sie eins seien, gleichwie wir eins sind“ (Joh 17,22).
Diese Herrlichkeit besteht nicht in äußerer Frömmigkeit oder in einstudierten Ritualen, die einen besonderen Gottesdienst darstellen oder symbolisieren. Sie zeigt sich in der beständigen und innigen Gemeinschaft mit Jesus, die jedes Gotteskind prägt und formt. In 2.Thessalonicher 2,14 lesen wir: „Wozu er euch berufen hat durch unser Evangelium, damit ihr die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus erlangt.“
Jesu Leben auf Erden war von völliger Abhängigkeit zum Vater geprägt: „Darum sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Sohn des Menschen erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin; und ich tue nichts von mir selbst aus, sondern wie mich mein Vater gelehrt hat, so rede ich. Und der, welcher mich gesandt hat, ist mit mir; der Vater lässt mich nicht allein, denn ich tue allezeit, was ihm wohlgefällt“ (Joh 8,28-29).
Diese Berufung zur Verkündigung von Gottes Herrlichkeit lässt uns erkennen, dass unser eigenes fleischlich gesinntes Ich, der „alte Adam“, dazu unfähig ist. Nur Gottes Geist kann die notwendige Veränderung in uns bewirken. Paulus schreibt in Römer 8,17-18: „Wenn wir aber Kinder sind, so sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben des Christus; wenn wir wirklich mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm verherrlicht werden. Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll.“
Und weiter in Römer 8,28-29: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach dem Vorsatz berufen sind. Denn die er zuvor ersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dem Ebenbild seines Sohnes gleichgestaltet zu werden, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“
Die rechte Vorstellung von Gott ist die Grundlage für ein lebendiges Glaubensleben und ein zentrales Bedürfnis der Kinder Gottes.
Ein Leben ohne Gott – ein Leben ohne Ziel
Der Psalmist Asaph zeigt im Psalm 73 auf, dass Menschen, die nicht nach Gott fragen, sich in ihrem Verhalten kaum von Tieren unterscheiden. Wer Gottes Bild im Menschen nicht anerkennt und nach eigenem Ermessen lebt, gleicht einem törichten oder sogar vernunftlosen Tier (vgl. Ps 73,22). Ein solches Leben, das Gottes Wesen außer Acht lässt und nur den eigenen Trieben folgt, verfehlt die Bestimmung, zu welcher der Mensch geschaffen wurde. Apostel Paulus erinnert in der Apostelgeschichte 17,28: „Denn »in ihm leben, weben und sind wir«, wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: »Denn auch wir sind von seinem Geschlecht«.“
Als Teil des Geschlechts Gottes sind wir für eine besondere Stellung in der Welt berufen. Petrus bestätigt dies: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk des Eigentums, damit ihr die Tugenden dessen verkündet, der euch aus der Finsternis berufen hat zu seinem wunderbaren Licht“ (1.Petr 2,9).
Diese hohe Berufung legt die Maßstäbe für unsere Werte und Ideale fest. Doch ist es in unserer modernen, technologiegetriebenen Welt noch möglich, diesem Maßstab gerecht zu werden? Das Wort aus Römer 1,18 ff. ist für alle Generationen zu allen Zeitepochen bis zur Wiederkunft des Herrn Jesus geschrieben worden. Somit gilt auch heute, dass Menschen, die Gott nicht verherrlichen und IHM keine Ehre geben, in Trennung von Ihm geraten – mit ewigen Konsequenzen – der Verdammnis.
Die Bibel zeigt aber nicht nur das Problem auf, sondern auch die Lösung, die für alle Zeit gilt. Der liebende, himmlische Vater sehnt sich nach rechter Gemeinschaft mit Seinem Geschöpf. Und Seine Antwort heißt JESUS. Als Gott-Mensch auf Erden zeigt Jesus, wie wir als heilige Kinder Gottes in der gefallenen Menschheitsfamilie leben sollen. Er ist das lebendige Vorbild für ein Leben in Einklang mit Gottes Willen und Seiner Herrlichkeit.
Christus, der zweite Adam – die Hoffnung der Herrlichkeit
1.Korinther 15,45: „So steht auch geschrieben: Der erste Mensch, Adam, »wurde zu einer lebendigen Seele«; der letzte Adam zu einem lebendigmachenden Geist“ – Jesus Christus, der zweite Adam. Dieses mächtige Vorbild ruft uns zur Nachahmung und fordert: Folge meinem Beispiel! Die Zeugnisse aus der Heiligen Schrift bestätigen, dass Jesus wahrhaftig Mensch war. Sie zeigen, dass es auch uns durch Hingabe und Liebe zu Ihm möglich ist, in dieser Weise zu leben. Voraussetzung dafür sind Buße, ein gereinigtes Leben und ein erneuerter Geist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit (vgl. Eph 4,20-24).
Die Art und Weise, wie Jesus Menschen begegnete, ist uns ein Vorbild, das zur Nachfolge inspiriert:
- Trotz Erschöpfung und Hunger half Er der Frau aus Samaria (vgl. Joh 4,1-30).
- Es jammerte Ihn, als Er die Volksmenge sah (vgl. Mt 9,36).
- Mit Mitleid sah Er die kranke Schwiegermutter des Petrus (vgl. Mk 1,30).
- Er betete für die Menschen, die Ihm Leid zufügten und Ihn kreuzigten (vgl. Lk 23,34).
Die Bibel macht deutlich: Wer Jesu Nachfolger sein will, muss denselben Weg gehen. Nur so gelangen wir zur Herrlichkeit, die Gott bereitet hat. Römer 8,17: „Wenn wir aber Kinder sind, so sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben des Christus; wenn wir wirklich mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm verherrlicht werden.“ Die Verheißung der Herrlichkeit und die Umgestaltung unseres Leibes sind eine starke Motivation zur Nachfolge und Hingabe. Darum sollen wir mit Eifer auf Jesus blicken, das Ziel im Auge behalten und der kommenden Herrlichkeit entgegenleben. Wer überwindet, darf auf das verheißene Friedensreich hoffen. Doch Jesus warnt: „Niemand, der seine Hand an den Pflug legt und zurückblickt, ist tauglich für das Reich Gottes!“ (Lk 9,62).
In 1.Petrus 1,3-11 lesen wir von der lebendigen Hoffnung. Diese Hoffnung verpflichtet uns, das göttliche Leben sichtbar zu machen und in allen Situationen recht zu handeln. Dabei stehen uns viele Vorbilder zur Seite, vor allem Jesus selbst. Der Hebräerbrief erinnert: „Da wir nun eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, so lasst uns jede Last ablegen und die Sünde, die uns so leicht umstrickt, und lasst uns mit Ausdauer laufen in dem Kampf, der vor uns liegt, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen das Kreuz erduldete und dabei die Schande für nichts achtete, und der sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat“ (Hebr 12,1-2).
Möge Gott jedem Leser eine tiefe Sehnsucht nach rechter Gotteserkenntnis schenken und die Bereitschaft, Seine Herrlichkeit in der gefallenen Menschheit sichtbar zu machen.
Jürgen Berndt,
Gemeinde Bassum