Bis vor kurzem hatte ich noch absolut keine Ahnung von den dramatischen Zuständen in El Salvador. Doch im Dezember 2024 erhielten wir einen Anruf von unserem Bruder im Herrn aus Kolumbien, der uns um Hilfe bat. Er bat: „Kommt nach El Salvador und helft uns. Lasst uns gemeinsam die frohe Botschaft des Evangeliums in die Gefängnisse dieses Landes tragen.
Ab diesem Moment begann ich, mich über die Lage in El Salvador und insbesondere über die Zustände in den Gefängnissen zu informieren. El Salvador ist nur so groß wie Israel, hat etwa sechs Millionen Einwohner – und weit mehr als 100.000 davon befinden sich in Haft. Das ist die höchste Inhaftierungsrate weltweit.
Noch vor wenigen Jahren wurde das Land von der Gewalt brutaler Banden heimgesucht. Der neue Präsident, Nayib Bukele, erklärte diesen Banden den Krieg und rief den Ausnahmezustand aus. Militär und Polizei erhielten weitreichende Befugnisse und begannen, das Land in kurzer Zeit von den kriminellen Strukturen zu befreien.
In Rekordzeit wurde ein neues Gefängnis errichtet – das sogenannte CECOT –, dass Platz für 40.000 Insassen bietet. Auf diese Weise ist zunächst einmal Ruhe eingekehrt und die Bevölkerung atmet auf. Aktuell gilt El Salvador sogar als eines der sichersten Länder der Welt – man sagt, es sei inzwischen sicherer als Kanada.

Straßenevangelisation in einem Bergdorf mit Pastor Miguel
Ein Werkzeug Gottes
Ein Mann mittleren Alters aus Bayern wanderte vor etwa zehn Jahren als Abenteurer und Aussteiger nach Kolumbien aus. Vor etwa vier Jahren kehrte er zu Besuch nach Deutschland zurück und kam auch in die Gemeinde nach Meppen, die zur Gemeinde Cloppenburg gehört. Dort bekehrte sich Andreas Mayr, wurde mit dem Heiligen Geist getauft, ließ sich taufen und ist seither Mitglied der Gemeinde in Molbergen bei Cloppenburg.
Kurz darauf reiste er wieder in seine Wahlheimat Kolumbien zurück, suchte verstärkt den Kontakt zu einheimischen Gemeinden und setzte sich gemeinsam mit anderen Christen dafür ein, ein Therapiezentrum aufzubauen.
Gott gebrauchte diesen Mann auf erstaunliche Weise: Andreas erhielt die Genehmigung, in die Gefängnisse von El Salvador zu gehen, um dort das Evangelium von der Gnade Gottes zu predigen.
Es würde den Rahmen dieses Berichts sprengen, alle Einzelheiten dieses Weges darzustellen – wie Gott es geführt hat, dass ein deutscher Ausländer die Erlaubnis bekam, in Gefängnisse vorzudringen, zu denen bis dahin nur ein einziger Pastor Zugang hatte. Selbst die Gideons, eine internationale christliche Vereinigung, erhielten keine Genehmigung dafür.
In Zusammenarbeit mit der Mission aus Kanada „Samaritan Aid Ministries“ durfte schließlich eine Lautsprecheranlage im Gefängnis installiert werden. Aus einem großen Raum, der bereits mit 300 Stühlen von unseren Brüdern ausgestattet wurde und als Versammlungsort für Gottesdienste dient, werden Predigten und Loblieder nun im gesamten Gefängnis übertragen – sodass alle Insassen die gute Botschaft des Evangeliums hören können.

Treffen mit dem Leiter des Gideon Bundes in San Salvador
Neues Testament für neues Leben
Im Februar 2025 hatte auch ich die Möglichkeit, bei einem solchen Gefängnisbesuch dabei zu sein und den Gefangenen die Frohe Botschaft weiterzugeben. Andreas, der fließend Spanisch spricht, konnte die Gefängnisleitung davon überzeugen, solche Besuche zu genehmigen. So durften wir mit unserer Gruppe von einem Gefängnistrakt zum nächsten gehen. Wir predigten, beteten für die Gefangenen, sangen Lieder und evangelisierten – in einem Gefängnis mit über 4500 Inhaftierten.
Unser wichtigstes Ziel war es, dass jeder Gefangene ein Neues Testament erhält und auch nach unserem Besuch weiter im Wort Gottes verbleiben und die Wahrheit finden kann. Daher trafen wir uns im Vorfeld mit dem Leiter des Gideon Bundes in San Salvador und baten um Unterstützung für dieses Projekt.
Nachdem wir uns kennengelernt hatten, erhielten wir die Zusage und durften am folgenden Tag 3500 Neue Testamente aus dem Lager der Gideons abholen. Um dieses Geschenk mit etwas Liebe zu würzen, hatten wir für die Gefangenen kleine Päckchen vorbereitet – mit den nötigsten Hygieneartikeln und jeweils einem Neuen Testament.
Diese Päckchen durften wir dann eigenhändig übergeben, nachdem wir ihnen zuvor die rettende Botschaft von Jesus Christus verkündet hatten.

Ernst Fischer und Vitali Müller beim Einladen der Hygieneartikel
Es waren sehr bewegende Momente:
Mehr als 700, zum Teil von Kopf bis Fuß tätowierte Männer saßen im Gefängnishof vor uns – verurteilte Kriminelle, die in stiller Aufmerksamkeit unseren Worten lauschten. Gleichzeitig hörten uns hunderte weitere Gefangene aus den vergitterten Zellen zu – auch sie waren offen und empfänglich für die Botschaft von Gottes Barmherzigkeit.
In diesen Augenblicken wurde mir der „goldene Vers“ der Bibel neu ins Herz geschrieben:
„Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt…“ So viele Menschen, die einst ein kriminelles und zerstörerisches Leben geführt haben – und doch: Die Liebe Gottes ist größer als alles andere.
Er will, dass auch sie Seine Gnade erfahren – dieselbe Gnade, die in unserem Leben wirkt – und dass sie das ewige Leben empfangen.

Mit Pastor Miguel (mittig) und unseren kanadischen Brüdern vor dem Gefängnis in Ilopango
Abendmahl ehemaliger Feinde
Eine der bewegendsten Erfahrungen während unseres Aufenthalts im Gefängnis von Ilopango, einem Stadtteil von San Salvador, war das Kennenlernen von Christen unter den Inhaftierten – einige bekehrten sich vor der Inhaftierung, andere im Gefängnis.
Eine Gesangsgruppe von zwölf Männern war bereits vor unserer Ankunft aktiv. Sie sangen Lieder zur Ehre Gottes und gestalteten gemeinsam mit einem Baptistenpastor regelmäßig Gottesdienste. Dieser Pastor war bis dahin der einzige, dem der Zugang zu diesem Gefängnis gewährt wurde.
Die Mitglieder der Gesangsgruppe übernahmen eine besondere Funktion im Gefängnis, ähnlich wie Josef in der Bibel. Sie durften tagsüber ihre Zellen verlassen und im gesamten Gefängnis als Helfer mitarbeiten. Erkennbar an T-Shirts mit der Aufschrift „Ministries of Jesus – im Dienst Jesu“, unterstützten sie auch uns tatkräftig bei allen Aktivitäten.
Mit ihrer Hilfe konnte ein gemeinsamer Gottesdienst in der großen Halle organisiert werden. Gegen Ende unseres Aufenthalts wurde uns durch Gottes Gnade etwas ganz Besonderes geschenkt: Wir durften gemeinsam mit allen bekehrten Häftlingen das Abendmahl feiern – 42 Brüder aus dem Gefängnis sowie eine vierköpfige Gruppe aus Kanada, mit der wir an diesem letzten Einsatztag verbunden waren. Das Abendmahl wurde für uns alle zum Höhepunkt der Reise, bei dem wir, wie in der Schrift beschrieben, eine Fußwaschung durchführen durften.
Als wir begannen, den Gefangenen die Füße zu waschen, war die Gegenwart Gottes so spürbar wie zu keinem anderen Zeitpunkt unseres Aufenthalts. Viele der Männer begannen zu weinen wie Kinder, und auch bei uns blieb kein Auge trocken. Für viele war dies eine völlig neue Erfahrung – besonders das gegenseitige Füßewaschen, unter Männern, die früher vielleicht verfeindet waren, aus verschiedenen Banden kamen, sich nun aber als Brüder in Christus begegneten. Einige lagen sich lange in den Armen, nachdem sie einander die Füße gewaschen hatten – und weinten herzzerreißend.
Dieser Moment hat mir noch einmal deutlich gemacht, was Jesus uns durch die Fußwaschung gelehrt hat: Dass alle Klassenunterschiede, alle Schranken zwischen Menschen durch Seine Liebe aufgehoben werden. Er hat uns gezeigt, wie wir einander lieben und einer den anderen höher achten sollen als uns selbst.
Ein Feld voller Arbeit
Diese Erlebnisse haben mich tief bewegt und mir erneut gezeigt: Gottes Liebe kennt keine Grenzen. Er ruft uns, Seine Boten, hinaus in alle Welt – auch an Orte, an die sonst kaum jemand denkt – um das Evangelium zu verkünden.
Ich werde nie die heißen, tränenreichen Gebete der Brüder im Gefängnis vergessen. Auch das prophetische Wort, das uns durch einen Knecht Gottes zugesprochen wurde, bleibt in meinem Herzen lebendig. Gott liebt Seine Kinder – selbst wenn sie hinter Gittern leben – und er baut Sein Reich durch Jünger, die Ihm im Gehorsam folgen wollen.
Unsere Zukunftspläne sind klar:
Wir wollen das Evangelium auch in den anderen großen Gefängnissen des Landes verkünden, d.h. noch 100.000 Testamente in die Gefängnisse bringen und uns verstärkt um die Kinder der Inhaftierten kümmern. Besonders in den überfüllten Frauengefängnissen sind viele Kinder betroffen – oft traumatisiert und ohne familiären Rückhalt. Sie müssen, sobald sie fünf Jahre alt werden, das Gefängnis verlassen, werden meist anderen zur Obhut überlassen und sind dringend auf Hilfe angewiesen. Gott helfe uns und segne dieses Werk nach seiner großen Barmherzigkeit.
Mein Wunsch ist es, so viele wie möglich aus unserer Bruderschaft für dieses Projekt zu gewinnen. Tausende Gefangene sollen die Botschaft von der Liebe Gottes hören – viele von ihnen werden das Gefängnis nie mehr verlassen. Aber wie der Schächer am Kreuz sollen auch sie Gnade und wahre Freiheit finden – durch unseren Herrn Jesus Christus.
Bitte betet für dieses Werk, das Gott begonnen hat. Möge Sein Wille durch uns, Seine Knechte, in Treue und Liebe ausgeführt werden. Dem Herrn befohlen!
Verantwortlich für dieses Projekt ist Bruder Alexander Hensel, Tel.:0163 8474644, aus der Gemeinde Molbergen.
Ernst Fischer
Gemeinde Molbergen

Alexander Hensel und zwei Koffer mit 1.000 Bibeln