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Jesus heilt auch heute noch
In unserem Leben erleben wir nicht nur gute, sondern auch schlechte Zeiten. Manchmal werden sie angekündigt, manchmal kommen sie ohne Vorwarnung auf verschiedene Art und Weise. Es kann Verfolgung sein, eine Krankheit oder eine andere Not. Doch plötzlich wird es schwer. Auch mich traf unangemeldet eine solche Zeit.
Wie alles begann …
Alles schien wie immer – meine Frau und ich wollten uns am Abend gegen elf Uhr schlafen legen. Während ich noch das Fenster schloss, merkte ich jedoch plötzlich, dass sich meine linke Körperseite eiskalt anfühlte. Ich verlor das Gleichgewicht und begann zu fallen. Panische Gedanken schossen mir durch den Kopf. Sollte das ein Schlaganfall sein?
Nach der Einlieferung ins Krankenhaus erhielten wir noch in derselben Nacht die schockierende Diagnose – Gehirntumor! Wir waren wie gelähmt. Ich hatte zuvor keinerlei Beschwerden. Mir ging es für mein Alter ziemlich gut. Fragen über Fragen zerbrachen meinen Kopf. Aber egal, was für Gedanken in meinem Kopf kreisten, mein Gebet und innigstes Flehen war beständig: „Gott sei mir gnädig!“
Kraft durch Gebet
Nachdem ich in der Röhre gewesen war, durfte ich für ein paar Tage nach Hause. Aufgrund der Größe des Tumors stand fest, dass dieser ausschließlich operativ entfernt werden musste. Die Operation sollte schnellstmöglich durchgeführt werden, da der Tumor auf mein Gehirn drückte.
Weihnachten und Silvester standen vor der Tür und so plante ich, im Januar ins Krankenhaus zu gehen. Mein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich in dieser Zeit rapide.
Meine Überlebenschancen lagen nur bei 50 Prozent. Da der Tumor äußerst ungünstig lag, musste mein gesamter Kopf geöffnet werden, um die notwendige Operation durchführen zu können. Der Tumor beschädigte viele Nerven und Blutzellen, was eine Erblindung oder ein Verbluten möglich und sogar sehr wahrscheinlich machte. Die Situation schien aus gesundheitlicher Sicht ausweglos. Sollte ich die Operation überleben, würde eine Genesung laut ärztlicher Einschätzung ein dreiviertel Jahr dauern.
In dieser Zeit erhielt ich einen Anruf. Der Anrufer erinnerte mich an meine eigenen Worte, die ich als Jugendleiter selbst gepredigt hatte. Gott sehnt sich nach völliger Hingabe. Josef saß jahrelang unschuldig im Gefängnis. Die drei Männer im Feuerofen oder Daniel in der Löwengrube – auch das waren ausweglose und lebensbedrohliche Situationen.
Spätestens dort, wo die Wissenschaft und die Weisheit des Menschen enden, ist der Mensch alleine auf Gottes Gnade angewiesen. Psalm 107 Vers 1 kam mir ins Gedächtnis: „Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Gnade währet ewiglich.“ Egal, wie wir uns bemühen – in erster Linie ist Gott gnädig zu uns!
Nachdem ich der Operation zugestimmt hatte, nahm ich mir vier Tage Zeit, um in der Stille und Einsamkeit den Frieden mit Gott zu finden. Ich wollte ganz im Reinen mit Gott sein. Keiner wusste, wie die Operation verlaufen würde. Besonders große Angst hatte ich vor dem Gedanken, nach der Operation keinen klaren Verstand mehr zu haben. Ich bat viele Menschen, mich in ihre Gebete einzuschließen.
„Spätestens dort, wo Wissenschaft und die Weisheit des Menschen enden, fühlt sich der Mensch auf Gottes Gnade angewiesen.“
Glaube und Disziplin
Am 9. Dezember wurde ich operiert. Ich erwachte nach einer vierstündigen Operation und konnte meine gesamte linke Körperhälfte nicht spüren. Sie war taub, steif und absolut unbeweglich. Ich lag da und hatte unheimliche Schmerzen.
Die Tage vergingen. Sorgen und Schmerzen drückten mich tief nieder. Doch mitten hinein, in meine bedrückenden Gedanken fiel ein Sonnenstrahl. Gott erinnerte mich an Sein Wort: „Der Herr ist gnädig und gerecht, ja, unser Gott ist barmherzig“ (Ps 116,5).
Mich überkam tiefe Freude und ich wartete, was der Herr tun würde. Mir wurde immer bewusster: Gottes kraftvolles und autoritäres Wort ist ein Schatz, den wir in unserem Leben besitzen dürfen.
Die Wirkung der Narkose ließ langsam nach. Da ich kein Licht ertrug, lag ich allein im dunklen Zimmer und versuchte vergeblich zu schlafen. Mir kam die Geschichte in Erinnerung, in der Jesus eine verdorrte Hand heilte (vgl. Lk 6).
Ich sah auf meine Hand. Die Faust ging zwar mittlerweile auf, war aber noch steif. Ich wünschte mir, dass ich wenigstens die Funktion meines Arms wiedererlangen würde, um mich allein hochziehen zu können. Manchmal fehlte mir die Kraft zum Gebet und ich bat den Herrn um Hilfe. So eine Hilflosigkeit hatte ich nie zuvor in meinem Leben verspürt. Doch nun gab mir Gott diese Bibelstelle in meinen Sinn, obwohl ich vorher nie über Heilung nachgedacht hatte.
Es war ein Samstag und ich hörte mir noch eine Sprachnachricht meiner Enkel an: „Opa, wir beten für dich.“ In dem Moment kam mir ein Gedanke: „Herr, ich bin doch auch dein Kind. Ich möchte mich im Glauben neben diesen Mann mit der verdorrten Hand stellen und meine Hand ausstrecken. Erlaube mir, mit der gesunden Hand, die linke Hand zu heben. Heile mich!“
Ich hob mit der rechten Hand den linken Arm und ließ ihn fallen. Er fiel mit so einer Wucht herunter, dass ich fast bewusstlos wurde. Wie naiv ich war, dachte ich. Aber irgendetwas sprach zu mir: „Versuch es doch noch einmal.“ Ich versuchte es wieder und merkte, dass ich weinte wie ein Kind. Wie oft ich es versuchte, weiß ich nicht. Plötzlich merkte ich, dass meine Hand leicht wurde. Irgendetwas tat sich. Vorsichtig nahm ich den gesunden Arm weg und stellte fest, dass der linke Arm oben blieb.
Voller Freude betete ich: „Herr, erlaube mir bitte, meinen Arm fünfmal zu heben. Ich möchte mich wirklich überzeugen, dass Du mich geheilt hast.“ Es gelang mir wirklich, den Arm fünfmal ohne Hilfe zu heben. Ich war so glücklich, dass ich bat: „Herr, nimm es mir nicht übel. Bitte lass es mich jetzt zehn mal tun.“ Ich schaffte es und wollte schon beten: „Herr, jetzt lass mich ihn 15 mal heben“, da erinnerte ich mich an Abraham, der für Lot bat. Ich wollte es sein lassen, wollte Gott nicht versuchen.
Eine Freude erfüllte mich über das erhörte Gebet und ich konnte es kaum glauben, dass Gott es wirklich getan hatte. Ich kann es selbst jetzt nicht verstehen, aber ich habe bis vier Uhr morgens geweint und Gott gedankt – mit zwei Händen. Irgendwann schlief ich erschöpft ein.
Es war das erste Mal, dass ich am Morgen geweckt werden musste. Bei der Visite fragte mich der Arzt, ob ich meine Finger bereits etwas bewegen konnte. Ich entgegnete ihm vorsichtig, dass meine komplette Hand funktionierte. Verwundert schaute mich der Arzt an und fragte, wie das möglich sei. Darauf antwortete ich, dass es mit Glauben und Disziplin möglich sei.
Durch Gottes Gnade durfte ich dem Arzt dann bezeugen, dass Gott mich geheilt hat, genau wie die Menschen in der Bibel. Gott stärkte meinen Glauben und konnte so dieses Wunder bewirken. Außerdem gab mir Gott immer wieder die Kraft und Ausdauer, um diszipliniert weitere Übungen mit dem Arm zu versuchen.
„Eine Freude erfüllte mich über das erhörte Gebet
und ich konnte es kaum glauben, dass Gott es wirklich getan hatte.“
Deine Schatzkammer
In unserem Leben haben wir es uns zur Gewohnheit gemacht, regelmäßig zu beten. Wir sagen so oft: „Wir müssen noch kurz beten.“ Was ist jedoch, wenn die Not groß ist – dann können wir plötzlich länger beten.
Mein Appell: Nimm dir Zeit, zu deinem Herrn zu beten. Nimm dir Zeit zum Lesen der Bibel. Nicht nur dann, wenn dein Gewissen dich erinnert, sondern aus freien Stücken und aus Liebe zu deinem Herrn.
Wenn schwere Zeiten kommen, wird das dein Trost sein. Gott kann dich nur an das erinnern, was du dir als geistlichen Schatz durch deine persönliche Gemeinschaft mit Ihm angesammelt hast.
Mittlerweile habe ich bereits fünf Wochen Reha hinter mir. Mit einem Rollstuhl kam ich dort an – ohne Rollstuhl durfte ich gehen. In der Reha habe ich Menschen gesehen, die gleiche oder ähnliche Schicksale erlitten hatten wie ich. Doch durch Gottes Gnade geht mein Heilungsprozess viel schneller voran als bei anderen. Auch hier durfte ich wieder Gottes Barmherzigkeit bezeugen.
Weihnachten musste ich im Krankenhaus verbringen. Obwohl ich mich sehr nach den Gottesdiensten sehnte, erfüllte Gott mein Herz mit vollkommenem Frieden. Ich verstand, welch ein Glück es ist, ein Gotteskind zu sein. Es ist wichtig, unser Leben Gottes Händen anzuvertrauen und auch in schweren Zeiten zu wissen: Er trägt mich durch.
Gott hört unsere Gebete. Er antwortet nicht sofort, aber spätestens rechtzeitig. Als ich für meinen Arm betete, geschah die Heilung zwar nicht augenblicklich, doch die innere Stimme Gottes ermutigte mich weiterzumachen.
Gib nie auf, sei stark und beständig. Gott segne euch alle.
Waldemar Rutz
Gemeinde Venne