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Dieser Artikel hinterfragt die Motivation des Glaubens: Würdest du Christ bleiben, wenn es keinen Himmel und keine Hölle gäbe? Würdest du in den Himmel wollen, wenn Gott nicht dort wäre, aber all deine Freunde und Annehmlichkeiten vorhanden wären, die du je wolltest? Reicht dir das? Diese Frage zwingt uns, über die Motivation unseres Glaubens nachzudenken. Und wie können wir hierbei unseren Glauben und unsere Motive effektiv kommunizieren, besonders in einer zunehmend säkularen Welt? Hier kommt die Rolle des Botschafters im Christentum ins Spiel.
Exkurs: Die Rolle des Botschafters
Gregory Koukl beschreibt in seinem Buch Tactics: A Game Plan for Discussing Your Christian Convictions die Rolle des Christen als Botschafter. Er hebt drei grundlegende Fähigkeiten hervor, die ein guter Botschafter besitzen sollte:
- Inhalt: Kenntnis der Heiligen Schrift und des Evangeliums.
- Methode: Die Fähigkeit, die Werkzeuge eines Diplomaten zu nutzen, um sich klar und überzeugend auszudrücken.
- Verhalten: Die Verkörperung des Charakters von Christus im Umgang mit anderen (in Sanftmut, mit Wertschätzung, …).
Effektive, christusgemäße Kommunikation (insbesondere bei Diskussionen mit Ungläubigen) muss mit Salz gewürzt sein (vgl. Kol 4,6). Unsere Interaktionen, besonders am Anfang eines Gesprächs mit Ungläubigen, sollten nicht wie ein militärischer Angriff wirken, sondern eher wie diplomatische Bemühungen erscheinen. Vermeide Streitigkeiten über törichte Spekulationen (vgl. 2.Tim 2,14;23).
Einen Stein in seinem Schuh hinterlassen
- Dränge nicht in jedem Gespräch mit Ungläubigen darauf, sofortige Ergebnisse zu erzielen. Manchmal ist die Frucht noch nicht reif. Sei treu im Pflanzen. Gott macht den Rest.
- Setze dir zum Ziel, jedem Menschen etwas mitzugeben, das zum Nachdenken anregt und nachhaltig beschäftigt – wie ein kleiner Stein im Schuh, der sich nicht einfach ignorieren lässt.
Im folgenden Textabschnitt werden wir uns eine Frage näher anschauen:
„Wenn Gott nicht im Himmel wäre und es auch keine Hölle gäbe, würdest du dann dennoch Christ sein wollen?“
Zunächst einmal ist es wichtig, die Logik hinter der Frage zu verstehen. Die implizite Annahme lautet: keine Sünde → keine Hölle → kein Retter notwendig → kein Christentum notwendig.
Diese Kette von Annahmen führt zu der Überlegung, dass das Christentum lediglich auf der Existenz von Sünde und Hölle beruht. Ohne diese Elemente scheint die Notwendigkeit für Christus und das Christentum zu verschwinden. Aber ist das wirklich der Kern des christlichen Glaubens?
Bevor wir einige Antworten auf diese Frage geben werden, ist folgende Anmerkung noch wichtig zu erwähnen.
Um solche Fragen effektiv zu beantworten und die wahren Motive hinter der Frage zu klären, ist es hilfreich, eine gezielte Fragetechnik anzuwenden. Diese Technik hilft, die Annahmen und Gedanken des Gesprächspartners zu erkunden, ohne sofort in eine Verteidigungshaltung zu geraten. Durch gezieltes Fragen können wir die Logik und die Grundlagen der Aussagen unseres Gesprächspartners hinterfragen und gleichzeitig eine offene und respektvolle Diskussion fördern.
Grundprinzipien der Frage-Taktik
- Neugier zeigen: Stelle Fragen, um mehr über die Position deines Gesprächspartners zu erfahren.
- Klären: Fordere detaillierte Erklärungen, um sicherzustellen, dass du die Aussagen richtig verstehst.
- Hinterfragen: Stelle Fragen, die die inneren Widersprüche oder Schwächen in der Argumentation des Gesprächspartners aufdecken.
Eine Beispielkonversation anbei:
„Wenn Gott nicht im Himmel wäre und es auch keine Hölle gäbe, würdest du dann dennoch Christ sein wollen?“
Schritt 1: Neugier zeigen
Du: „Das ist eine interessante Frage. Was genau meinst du damit? Warum fragst du, ob das Vorhandensein der Hölle eine Rolle für meinen Glauben spielt?“
Fragesteller: „Nun, ich denke, viele Menschen glauben nur an Gott, weil sie Angst vor der Hölle haben. Wenn es keine Hölle gäbe, gäbe es keinen Grund, an Gott zu glauben.“
Schritt 2: Klären
Du: „Verstehe. Glaubst du, dass die Angst vor der Hölle die Hauptmotivation für den christlichen Glauben ist?“
Fragesteller: „Ja, zumindest für viele Menschen scheint das so zu sein.“
Schritt 3: Hinterfragen
Du: „Das ist interessant. Angenommen, es gäbe keine Hölle, was denkst du, wäre dann die wichtigste Motivation für Menschen, an Gott zu glauben?“
Fragesteller: „Vielleicht würden sie sich mehr auf die anderen Aspekte des Glaubens konzentrieren, wie den goldenen Himmel oder moralische Werte.“
Du: „Hmmm… Würdest du sagen, dass die Beziehung zu Gott selbst einen wichtigen Teil des christlichen Glaubens ausmachen kann?“
Fragesteller: „Das musst du mir sagen!“
Du: „Wir sind nicht für eine Sache – einen angenehmen Ort namens Himmel – gerettet worden, sondern für eine Person. Wir würden immer noch die Art von Freundschaft mit Gott wollen, die Er von Anfang an für uns vorgesehen hat! Was hältst du von der Idee, dass der Glaube an Gott auf Liebe und Vertrauen basiert, anstatt auf Angst? Für mich persönlich ist die Beziehung zu Gott der zentrale Aspekt meines Glaubens. Die Hoffnung auf den Himmel und die Vermeidung der Hölle sind Aspekte, aber sie sind nicht das Zentrum meines Glaubens. Glaubst du, dass ein Glaube, der nur auf Angst basiert, wirklich tief und erfüllend sein kann?“
Anmerkung: Solche und ähnliche Fragen basieren auf falschen Prämissen. Sie reduzieren den Glauben an Christus auf eine bloße Transaktion zur Vermeidung von Bestrafung, was dem wahren Wesen des Christentums nicht gerecht wird.
Das Wesen des Christentums: Beziehung statt Transaktion
Das Christentum lehrt, dass der Mensch zur Gemeinschaft mit Gott geschaffen wurde. Der Fall und die Sünde haben diese Gemeinschaft zerbrochen. Durch Christus gibt es die Möglichkeit der Versöhnung mit Gott. Diese Wiederherstellung ist nicht primär eine Vermeidung von Bestrafung, sondern ein Zustand des Einsseins mit Gott.
Ein Leben in Christus: Ein Leben in Christus bedeutet, Teil einer neuen Schöpfung zu sein, die bereits hier und jetzt beginnt und sich in die Ewigkeit fortsetzt. Diese Gemeinschaft mit Christus ist der wahre Kern des Christentums. Der Himmel ist nicht nur ein Ziel, sondern eine Folge dieser Beziehung. Ohne die Hölle zu leugnen, betont das Christentum, dass das ewige Leben mit Gott von unendlichem Wert ist.
John Piper stellte einstmals eine provokative Frage: „Würdest du in den Himmel gehen wollen, wenn Gott nicht dort wäre, aber alle deine Freunde wären dort und alle körperlichen Annehmlichkeiten, die du je gewollt hast? Wäre das dein Himmel?“ Diese Frage bringt einen wichtigen Punkt auf den Tisch: Die wahre Sehnsucht des christlichen Herzens ist nicht nach materiellen Segnungen, sondern nach Gott selbst. Ein Himmel ohne Gott, so luxuriös er auch sein mag, wäre nicht der wahre Himmel für einen Christen. Es ist die Gegenwart Gottes, die den Himmel zu dem macht, was er ist.
Randy Alcorn beschreibt eine tiefe Wahrheit über die Sehnsucht, die Gott in uns hineingelegt hat: „Ein auferstandenes Leben in einem auferstandenen Körper mit dem auferstandenen Christus auf einer auferstandenen Erde.“ Unsere Hoffnung und unser Ziel ist nicht ein Ort, sondern eine erneuerte und vollkommene Gemeinschaft mit Christus in einer erneuerten Schöpfung.
C.S. Lewis bringt diese Sehnsucht ebenfalls wunderbar zum Ausdruck: „Wenn ich in mir eine Sehnsucht spüre, die durch keine Erfahrung der Welt gestillt werden kann, ist die wahrscheinlichste Erklärung dafür, dass ich für eine andere Welt geschaffen wurde.“ Diese Worte von Lewis betonen, dass unsere tiefste Sehnsucht nicht durch irdische Dinge gestillt werden kann, sondern nur durch die Gemeinschaft mit Gott in der ewigen Welt.
Gemeinschaft mit Christus ist der wahre Kern des Christentums
Beispiele aus der Missionsgeschichte
Zwei Missionare aus der Vergangenheit, die eine tiefe Sehnsucht nach der Begegnung mit Gott hatten, waren David Brainerd und Amy Carmichael.
David Brainerd (1718-1747) war ein amerikanischer Missionar unter den Indianern im kolonialen Amerika, dessen Tagebücher eine tiefe Sehnsucht nach Gott und eine brennende Leidenschaft für die Verbreitung des Evangeliums widerspiegeln. Trotz schwerer Krankheit und großer Entbehrungen fand er seine größte Freude in der Nähe Gottes. Seine Schriften offenbaren eine tiefe Erfahrung der göttlichen Gegenwart, die ihm inmitten all seiner Herausforderungen Kraft und Frieden schenkte.
Amy Carmichael (1867-1951) war eine irische Missionarin, die 55 Jahre in Indien verbrachte, wo sie sich um gefährdete Kinder kümmerte und das Dohnavur Fellowship gründete. Carmichaels Schriften und Gedichte offenbaren eine tiefe, innige Beziehung zu Gott. Sie lehnte jegliche Vorstellung von einem bequemen, luxuriösen Himmel ab und betonte, dass das wahre Paradies dort sei, wo Gott gegenwärtig ist. Ihre Hingabe und ihr Opfer zeugen von einer Liebe, die nicht an äußere Umstände, sondern an die Gegenwart Gottes gebunden ist.
Das wahre Paradies ist dort, wo Gott gegenwärtig ist.
Fazit
Die Frage „Wenn es keine Hölle geben würde, wärst du dann weiterhin Christ?“ verkennt den Kern des christlichen Glaubens. Es ist nicht die Angst vor der Hölle, die Christen primär motiviert, sondern die Liebe zu Christus und die Sehnsucht nach einer tiefen, ewigen Gemeinschaft mit Gott. Wir sind nicht für einen Ort, sondern für eine Person gerettet worden.
Christus ist das Zentrum unseres Glaubens und unsere Beziehung zu Ihm prägt unser Leben und unser Streben. Es ist nicht der materielle Luxus des Himmels, sondern die Gegenwart Gottes, die den Himmel zu einem Ort der ultimativen Erfüllung macht.
Um diese tiefe Wahrheit zu vermitteln, müssen wir als Christen gute Botschafter sein. Das bedeutet, das Evangelium gut zu kennen, diplomatische Werkzeuge weise einzusetzen und in Sanftmut und Liebe zu antworten. So können wir respektvoll „Steine in die Schuhe“ der Ungläubigen legen – durch gezielte Fragen, die zum Nachdenken anregen und dazu ermutigen, eigene Überzeugungen zu hinterfragen. Auf diese Weise helfen wir anderen, die wahre Motivation und den Kern des christlichen Glaubens zu entdecken: die transformative Beziehung zu Gott durch Christus.
Thomas Fenske
Gemeinde Tellig