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Ausschnitte aus dem Leben von Mina Felker
Mina Felker, geb. Neep, kam am 17. April 1912 in Rostow am Don (Russland) zur Welt. Sie heiratete am 30. Januar 1930 August Felker und verstarb am 4. Januar 1998 in Verden (Aller) in Deutschland. Im Folgenden sollen einige Glaubenserlebnisse aus ihrem Leben dargestellt werden, die den Leser in Dankbarkeit über Gottes wunderbar führende Hirtenhand bringen sollen!
Bekehrung im Krieg
Am 17. April 1912 wurde Mina in der Familie von Karl Neep in Rostow am Don (Russland) geboren. Dort wuchs sie als Teil einer Familie lutherischen Glaubens auf. Der Glaube spielte in ihrem Leben als junge Frau keine allzu große Rolle. Wenn es um Feste und Feiern, Tanz und weltliche Freuden ging, war sie ganz vorne mit dabei. Wenn sie nach einem solchen lustigen Fest nach Hause kam, war es ihr jedoch immer wieder schwer ums Herz und sie musste weinen. „Warum habe ich das getan?“, fragte sie sich. Gott mahnte sie immer wieder durch ihr Gewissen, dass dies nicht richtig sei. So vergingen die Jahre. Inzwischen heiratete sie am 30. Januar 1930 August Felker.
Eine Wende in ihrem Leben erfuhr sie mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges um das Jahr 1939. Furcht überkam sie eines Tages, sodass sie in den hohen Mais ging, der in ihrem Garten wuchs, sich dort niederkniete und zu Gott schrie. Dort schüttete sie, zu Gott rufend, ihr Herz aus. Von da an war sie bekehrt. Ab dann wollte sie nichts mehr vom weltlichen Leben wissen und war stets bestrebt zu singen und zu beten. Ein Eifer in Bezug auf den Glauben an Gott überkam sie.
Durch den Beginn des Krieges kamen viele Menschen in Furcht und bekehrten sich zu Gott. Sie kamen ohne Aufforderung und vom Heiligen Geist bewegt in die Gottesdienste und riefen zu Gott. Freiwillig, ganz ohne Zwang übergaben sie ihr Leben dem Herrn.
Segen Gottes in Schwierigkeiten
Als junge Familie mit drei Kindern und ihrer alten Mutter wurden sie schließlich im Sommer 1942 nach Kasachstan in die Nähe eines Dorfes mit Namen Slavjanka in eine Kolchose umgesiedelt, wo sie unter sehr spärlichen und schweren Bedingungen in einer Schafscheune mit drei weiteren Familien unterkamen. Noch war es Sommer. Ihr Mann August wurde in dieser Zeit, wie auch viele andere Männer und Frauen, in die Trudarmee einberufen und musste die Familie verlassen, sodass Mina nun auf sich allein gestellt war und die Familie alleine zu versorgen hatte.
Im Winter 1943 zog sie bei Schnee mit ihren Kindern Karl (4), Alexander (7) und Lydia (9) nachts mit einigen Bündeln an wenigem Hab und Gut auf dem Rücken ins ungefähr zwölf Kilometer gelegene Slavjanka, um von den Landsleuten der Kolchose nicht daran gehindert zu werden. Dort wohnten sie in einem eigenen Häuschen.
In Slavjanka fand sie auch neue Glaubensgeschwister, mit denen sie sich regelmäßig versammelte. Es handelte sich dabei um einige ältere Frauen und dem Bruder Heinrich Eva. Sie alle waren ebenfalls lutherischer Konfession. Ihre Gemeinschaften waren ein Ort des Lichts und der Freude und Mina war eifrig und stark im Glauben. Doch sie spürte noch eine gewisse Leere in sich. „Bruder Heinrich, es fehlt noch was!“, sagte sie stets. Bruder Heinrich, der bereits älter war und als Bruder die Gemeinschaft anleitete, antwortete: „Was willst du denn noch haben?“ Mina war überzeugt, dass da noch etwas in ihrem Glaubensleben fehlte.
Der verborgene langgesuchte Schatz
Dank Gott kehrte ihr Mann August Felker im Jahr 1947 wieder aus der Trudarmee zurück. Mitte der 1940er-Jahre wurde die Verfolgung der Christen in der damaligen Sowjetunion besonders stark und es kam in den nachfolgenden Jahren dazu, dass sowohl Bruder Heinrich Eva als auch Schwester Mina Felker bei der sowjetischen Behörde angezeigt wurden, da sie sich unter anderem regelmäßig versammelten. Und so geschah es im Jahr 1951, dass Mina zu einer 25-jährigen Gefängnisstrafe verklagt wurde und in ein Frauengefängnis kam, in dem die Frauen in Baracken untergebracht waren.
Im Gefängnis traf sie nun auf viele verschiedene Frauen, darunter auch Christen. Dort waren Christinnen zwölf verschiedener christlicher Konfessionen anzutreffen, die sie alle zu sich riefen: „Mina, komm zu uns, komm zu uns!“ Und so betete sie immer wieder und stellte sich die Frage, wie sie handeln und wem sie sich anschließen sollte. In ihrem ernsten Fragen und Suchen ging sie einmal hinter die Baracke. Es war Winter und es schneite. Sie stellte sich dort im Schnee auf die Knie und rief in ihrer Hilflosigkeit mit der Bitte zu Gott, Gott möge sie doch hinführen, wo Er sie sehen wollte. Plötzlich kam eine Kraft über sie.
Von dieser Kraft geführt kam sie in eine Baracke, wo drei geistgetaufte Schwestern beisammen waren. Diesen Schwestern offenbarte Gott, noch bevor Mina zu ihnen kam: „Es kommt eine Seele zu euch, die nehmt an. Sie ist meine Erwählte von Mutterleibe an.“ Und so wurde Mina dort empfangen, kam in die Gemeinschaft mit den drei Schwestern, wo sie auch schließlich im Heiligen Geist getauft wurde. Sie war sehr froh, den Heiligen Geist empfangen zu haben.
Die Zeit im Gefängnis war schwer. Schwer war vor allem die viele Arbeit, sodass gesundheitliche Folgen nicht lange auf sich warten ließen. Bald schon konnte sie vor Schmerzen kaum noch gehen, da das Netz unter ihrem Magen von der schweren Arbeit und den Lasten riss und ihr dies große Pein bereitete. Daraufhin folgte im Gefängnis eine unglückliche Operation. Unglücklich darum, weil die Naht immer wieder aufriss und die Wunde schlecht heilte. Sie wusste, dass sie so nicht weiterleben konnte.
Und so folgte eine weitere Operation mit derselben bitteren Konsequenz. Der Arzt war ratlos. Als sie nun zum dritten Mal operiert werden sollte und bereits auf dem Operationstisch lag, beteten ihre Glaubensschwestern für sie und sahen in einer Vision, wie Jesus neben dem Arzt stand und ihm erklärte, wie und wo er zu schneiden habe.
Die Botin Gottes
Nach dreieinhalb Jahren Gefängnisaufenthalt wurde Mina im Jahr 1954 plötzlich entlassen. Ihr wurde mitgeteilt, dass ein Befehl ergangen war, sie freizulassen und auf ihren Papieren nichts vom Gefängnisaufenthalt zu vermerken. Welch ein Wunder Gottes!
Es war ein unerwartetes Ereignis in den scheinbar endlosen Jahren der Gefangenschaft. Überrascht über diese plötzliche Wendung war sie einerseits froh heimzukehren, andererseits jedoch etwas traurig, da sie sich doch noch so gerne in der Gebetsgemeinschaft mit ihren Schwestern gestärkt hätte. Wer würde sie in ihrem Heimatdorf verstehen? Wer würde verstehen, was sie im Gefängnis erlebt hatte?
Zuhause angekommen war die Freude in der Familie groß. Mina machte sich nun auf, ruhte nicht von den schweren Jahren der Gefängnisarbeit, sondern ging hin, um zu predigen. Sie suchte die früheren Gemeinschaften auf und wies immer wieder eindringlich darauf hin, dass die kleine, also die Kindertaufe, durch die große Taufe (Erwachsenentaufe) ersetzt werden müsse und die Taufe im Heiligen Geist notwendig sei. Doch vorerst wollte dies niemand annehmen. Immer wieder wies Mina jedoch darauf hin, wenn sie in Gemeinschaft mit Geschwistern zusammenkam, bis eine Schwester schließlich hellhörig wurde und den anderen vorschlug: „Wollen wir doch mal hören, vielleicht ist da wirklich etwas dran!“
Sie begannen anzuhören, was Mina zu erzählen hatte, zu prüfen und darüber nachzudenken, während Gott wirkte, und wie von einem Feuer, das sich ausbreitet, eine nach der anderen mit dem Heiligen Geist getauft wurde. So begann sich in Slavjanka eine Gemeinde zu bilden. Zur Behandlung ihrer Wunde und zum Wechseln des Verbandes musste Mina in die Poliklinik, wo sie auf eine Bekannte namens Martha traf, die dort als Krankenschwester arbeitete. Diese fragte, woher sie komme, verwundert darüber, Mina überhaupt anzutreffen. „Weißt du, mein Bruder Johannes ist zu uns gekommen, und er betet in irgendwelchen fremden Sprachen. Wir verstehen das alles nicht!“, erzählte Martha ihr vor Verwunderung. Diese nun, wie entflammt, verstand sofort, wovon ihr erzählt wurde.
Voller Erwartung fragte sie, wo er wohne. „Bei uns!“, antwortete Martha. So suchte Mina Bruder Johannes Meier auf und sie fingen gemeinsam an, in Slavjanka zu wirken, wobei Mina sehr viel unterstützte und zur Seite stand. Sie organisierte außerdem jedes Jahr ein „Dankfest“, denn sie hatte Gott bereits im Gefängnis versprochen, jedes Jahr ein solches Fest zu machen, wenn sie nach Hause kommen sollte. Zu diesem jährlichen Fest wurden alle Bekannten aus dem Dorf, sowohl Gläubige als auch Ungläubige, eingeladen. Mina erzählte dabei von der Zeit im Gefängnis, was sie dort erlebt und wie sie zur Wahrheit gefunden hatte.
Auf diese Weise und unter Gottes Gnade nahm die Gemeinde in jener Stadt zu. Als in den 1990er-Jahren der Eiserne Vorhang fiel und viele Russlanddeutsche nach Deutschland umsiedelten, zog auch sie mit ihrer Familie in ihr Heimatland zurück und lebte fortan in Verden (Aller). Viele aus der Gemeinde in Slavjanka siedelten sich in Bremerhaven an und trugen dort zur Bildung der Gemeinde bei, einige andere in Lage-Müssen und später dann in Bielefeld.
In Deutschland angekommen wurde noch ein weiteres Dankfest in Bremen organisiert. In den darauffolgenden Jahren ließ Minas körperliche Kraft immer mehr nach und sie wurde schwach, bis sie am 4. Januar 1998 der Lebensodem verließ und sie in die Ewigkeit ging.
„Befiehl dem Herrn deinen Weg, und vertraue auf ihn, so wird er es vollbringen“ (Ps 37,5).
Daniel Asmus
Gemeinde Bielefeld