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Als Olga Firus im Jahr 1988 mit ihrer Familie von Kasachstan nach Deutschland zieht, weiß sie noch nicht, was Gott alles für sie bereithält. Ihr Lebensweg ist geprägt von Veränderungen, begleitet von dem beständigen Wunsch, in allem den Willen Gottes zu erfüllen. Heute ist sie Mutter von achtzehn Kindern und kann ein besonderes Zeugnis von Gottes wunderbarer Führung und Seinem Segen geben.
Eine dreifache Schnur
„Gehen auch zwei miteinander, ohne dass sie übereingekommen sind?“ (Am 3,3).
Vermutlich träumt jeder junge Mensch von einem glücklichen Familienleben und wünscht sich, sein Leben so zu führen, dass für Uneinigkeit, Streit und Beleidigungen kein Platz bleibt.
In diesem Jahr bin ich 59 Jahre alt geworden. Mein Mann wurde 62 Jahre alt. So Gott es gibt, erfüllen sich im Mai 40 Jahre unserer Ehe. In diesen 40 Jahren hat der Herr uns überreich gesegnet. Und so schreibe ich diese Zeilen mit einem Herzen voller Dankbarkeit. Dem Herrn sei alle Ehre. Wir haben Seine Gnade nicht verdient. Er hat uns neun Söhne und neun Töchter geschenkt, insgesamt haben wir achtzehn Kinder. Elf von ihnen haben bereits eigene Familien, sieben leben noch bei uns. Auch mit wunderbaren Enkelkindern sind wir gesegnet, aktuell sind es dreißig Enkel.
Angefangen hat all dies vor langer Zeit und doch scheint es, nicht lange her zu sein. Im Jahr 1982, als ich neunzehn Jahre alt war, bot mir ein junger Bruder an, seine Ehefrau zu werden. Nachdem ich ihm mein „Ja“ dazu gegeben hatte und auch unsere Eltern und die Gemeinde ihren Segen gaben, begann unser gemeinsamer Lebensweg. Da mein Mann der jüngste in seiner Familie war, lebten wir, bis wir nach Deutschland umzogen, mit seinen Eltern in einem Haus. Das war im Jahr 1988. Während dieser Zeit war unsere Familie schon zur Großfamilie geworden. Wir hatten bereits zwei Söhne und zwei Töchter und erwarteten unser fünftes Kind. Ein Ereignis aus dieser Zeit hat sich mir besonders eingeprägt.
Um die Formulare für die Überfahrt ausfüllen zu können, benötigten wir Fotos von jedem Familienmitglied. So fuhren wir also mit unseren Kindern los, um diese machen zu lassen. Der Älteste war fünf, die Tochter vier, der Sohn drei und die Jüngste war noch nicht einmal ein Jahr alt. Dort angekommen fragte man uns: „Sind das etwa alles Ihre Kinder?“ Eine weitere dabeistehende Person sagte dazu: „Kinder sind die Stütze der Alten.“ Heute kann auch ich bestätigen, dass es wahrhaftig so ist, denn die erwachsenen Kinder sind uns eine große Hilfe.
Saat und Ernte
Nachdem wir nach Deutschland umgezogen waren,lebten wir nicht mehr mit unseren Eltern zusammen. In unserer eigenen Wohnung kam unser fünftes Kind zur Welt und so war ich mit 25 Jahren schon Mutter von 5 Kindern. Wir kamen jedoch sehr gut zurecht und es schien alles zu gelingen. Als unsere Familie mit jedem Jahr weiter wuchs, kam in uns der Wunsch auf, ein eigenes Haus zu haben. Wir träumten von einem Garten für die Kinder, sollte das Haus noch so klein oder alt sein. Der Herr kümmerte sich auch darum und so lebten wir nur ein Jahr in einer Mietwohnung, während wir ein Haus suchten.
Da mein Mann schon immer ein sehr geselliger Mensch war, liebten wir es, Gäste zu empfangen. Gerne luden wir sie „nur auf eine Tasse Tee“ ein, wie mein Mann zu sagen pflegte. In der Zeit als wir für ein Haus sparten, kam ein Bruder aus Argentinien zu Besuch in unsere Gemeinde. Er berichtete von seinem Dienst in Kinderheimen und welche Arbeit dort verrichtet wurde.
Anschließend wurde eine Spendensammlung zur Unterstützung der Arbeit dieses Bruders durchgeführt. Mein Mann war von dem Zeugnis sehr berührt und fasste den Entschluss, eine bestimmte Summe für diesen Zweck zu spenden. Als er mir die Summe nannte, erschrak ich, da wir Eigenkapital für unser Haus benötigten und darauf sparten. Dennoch widersprach ich ihm in diesem Zusammenhang nie. Ich fasste den Entschluss, er möge das Geld doch abgeben, wenn er sich dazu entschieden hatte.
Nicht lange danach eröffnete mein Mann mir, dass für den nächsten Einkauf vor dem nächsten Lohneingang 100 D-Mark fehlten. Etwa einen Tag, nachdem er das ausgesprochen hatte, holte er einen Umschlag aus dem Briefkasten. Darin fanden wir genau 100 D-Mark. Wir waren sehr erstaunt und sahen darin den Segen des Herrn. Preis sei Ihm!
Der Trost des Allmächtigen
Als wir aus der Wohnung ins Haus zogen, hatten wir bereits sechs Kinder. Der Älteste besuchte die erste Klasse, zwei gingen in den Kindergarten und die drei Jüngsten blieben bei mir zu Hause. So lebten wir. Unsere Kinder wuchsen heran und mit der Zeit nahmen wir auch an Erfahrung zu. Wir hörten gerne auf die Ratschläge derer, die Phasen in der Erziehung bereits durchgemacht hatten, die uns noch bevorstanden. Wir wollten den Kindern das Allerbeste für ihr Leben mitgeben, nämlich die Liebe zueinander und die Liebe zu Gott.
Als die Geburt unseres siebten Kindes gerade bevorstand, kamen wir in eine sehr herausfordernde Phase. Plötzlich war es besonders schwer, mit all den kleinen Kindern zurechtzukommen. Tagsüber war mein Mann auf der Arbeit und von den größeren Kindern war auch noch keine große Hilfe zu erwarten. Es gab Tage, da schien es von einer Anspannung zur nächsten zu gehen und man fühlte sich einfach nicht gut. Dann kamen mir zuweilen Gedanken wie: „Vielleicht machen wir es uns selbst so schwer? Vielleicht muss man das mit den Kindern doch irgendwie anders machen?“
So schoss mir ein Gedanke nach dem anderen durch den Kopf. Doch dann dachte ich darüber nach, dass doch geschrieben stehen müsse wie der Herr auf diese Dinge schaut. Ich erinnere mich daran, dass ich noch am selben Tag den Drang verspürte, ins Gebet zu gehen und einfach die Bibel zu öffnen, um darin zu lesen. Mein Blick fiel durch Gottes Führung direkt auf einen Vers: „Siehe, Kinder sind eine Gabe des HERRN, die Leibesfrucht ist eine Belohnung. Wie Pfeile in der Hand eines Helden, so sind die Söhne der Jugend. Wohl dem Mann, der seinen Köcher mit ihnen gefüllt hat!“ (Ps 127,3-5). Das war ein Vers des Herrn, der all meine Zweifel zerstörte und ich danke Ihm, dass Er uns diesen Segen gab. Der Herr tröstete und bekräftigte mich sehr durch Sein Wort.
Eine unerschöpfliche Quelle
Ein anderes Mal als ich mich in einem geistlichen Tief befand, schien es mir, als ob Gott mich nicht mehr hören würde. Es gab keine Gebete und ich hatte auch gar keine Kraft zu beten. Dennoch nahm ich die Bibel zur Hand und sagte: „Herr, Du siehst meinen Zustand, gib mir die Kraft, wieder aufzustehen.“ So nahm ich die Bibel und las: „Weißt du es denn nicht, hast du es denn nicht gehört? Der ewige Gott, der HERR, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt; sein Verstand ist unerschöpflich! Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Knaben werden müde und matt, und junge Männer straucheln und fallen; aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden“ (Jes 40,28-31).
Als ich diese Zeilen las, schien es mir, als würde mir der Herr selbst diese Worte vorlesen. Ich habe sie in diesem Moment so gebraucht, und auch heute sind sie wertvoll für mich. Tatsächlich erfüllte Er mich mit neuer Kraft und gab mir die Gewissheit, dass Er alle unsere Sorgen kennt.
In unserem ersten Haus lebten wir acht Jahre lang. Hier hatten wir bereits 11 Kinder, davon sieben Schulkinder und vier, die noch bei mir zu Hause waren. Wenn die Kinder Schulferien hatten, nahm auch mein Mann Urlaub, um mich zu unterstützen.
Die Kleinen liebten es, Zeit mit ihm zu verbringen. Abends versammelten wir uns mit der ganzen Familie und mein Mann nahm die Gitarre in die Hand, auch wenn er nicht richtig spielen konnte. Trotzdem war es einfacher, mit Begleitung der Gitarre zu singen. Wir sangen bekannte Lieder und unser Lieblingslied handelte davon, dass uns ein herrliches Land im Himmel erwartet.
Überall Gottes Hand
Im Jahr 1993 zogen wir in ein anderes Haus um. Hier kam uns der Herr erneut auf wunderbare Weise entgegen. Wir hatten in der Zeitung ein Angebot für ein Gebäude gesehen, welches durch einen Makler verkauft wurde. Das Haus gefiel uns gut, aber wir waren mit dem Preis nicht ganz zufrieden. Also gingen wir dafür ins Fasten und ins Gebet.
Nach einigen Monaten wurde das Haus erneut zum Kauf angeboten, diesmal von dem Eigentümer persönlich. Und dieses Mal war es ein sehr gutes Angebot und deutlich günstiger als zuvor. Die Lage des Hauses war ideal. Es lag am Stadtrand, für die Kinder war genug Platz da und zur Gemeinde konnten wir sogar zu Fuß gehen. So zeigte uns der Herr, wie Er auf Gebete hört und antwortet, wenn man Ihm vertraut. Preis dem Herrn, denn noch heute leben wir in diesem Haus, indem weitere drei Söhne und vier Töchter zur Welt kamen.
Natürlich ist es nicht möglich, alles aufzuschreiben, aber in all diesen Jahren sahen wir die Gnade Gottes in allen Dingen. Als unsere älteste Tochter mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz begann und Bewerbungen schrieb, war das alles neu für uns. Wir machten uns Sorgen und beteten dafür, doch es lief nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Weil wir für sie nicht auf Anhieb einen Ausbildungsplatz finden konnten, verlor sie ein ganzes Jahr an Zeit. Ich sagte zu mir selbst, dass ja geschrieben steht, wir sollten all unsere Sorge auf Ihn werfen, denn Er sorgt für uns. Doch in dieser Zeit schien es nicht so zu sein, denn wir konnten einfach keine Ausbildungsstelle finden. Als ich aber so über die Situation nachdachte, hatte ich den einschneidenden Gedanken, dass am Ende alles gut werden würde. Und so kam es dann auch.
Gesegnet zur rechten Zeit
Es war zur Zeit des Jahres 2000, als die Computer-Technik sich immer weiter entwickelte. Da stieß unsere Tochter auf einen Computerkurs, an welchem sie teilnehmen durfte. Durch die Teilnahme bekam sie eine Stelle beim Deutschen Roten Kreuz, und ihr wurde sogar das Jahr für den Kurs angerechnet. Alles fügte sich besser, als wir es uns hätten vorstellen können.
Nach Beendigung ihrer Ausbildung sollte sie eigentlich nicht übernommen werden, doch genau zum richtigen Zeitpunkt wurde doch noch eine Stelle frei. Natürlich geschah all das nicht immer in demselben Augenblick, in dem der Wunsch wach wurde, denn bei Gott hat alles Seine Zeit. So fügte sich nach und nach alles zum Besten.
Damals, als wir gerade erst in Deutschland angekommen waren und am Sprachkurs teilnahmen, sagte die Lehrerin meines Mannes, dass es in der Stadt sehr schwer sein würde, Arbeit zu finden. Auch für die Kinder gäbe es keine Zukunft. Aber Gott sei Dank, dass wir Ihn haben, der Sich wahrhaftig um Sein Volk sorgt und kümmert. Alle unsere Kinder fanden einen Ausbildungsplatz. Diese Not brachten wir immer vor unseren Herrn und es fügte sich stets alles zum Besten. Auch mein Mann war noch nie einen Tag arbeitslos.
Als einer unserer Söhne gerade die Schule beendet hatte, war es für den Beginn einer Berufsausbildung im selben Jahr eigentlich schon zu spät. Also begann er ein Praktikum bei einer Kfz-Werkstatt und nach einer Woche durfte er ohne ein Bewerbungsverfahren spontan eine Ausbildung in diesem Betrieb beginnen. So fand jedes Kind seinen Platz, auch wenn es nicht immer leicht war. Ein anderer unserer Söhne bekam trotz vieler Bewerbungen einfach keinen Ausbildungsplatz.
In seiner Not bewarb er sich sogar bei dem lokalen Schornsteinfeger, was von vielen belächelt wurde. Er ließ sich jedoch nicht beirren und begann dort ein Praktikum, woraufhin sogar ein Vorstellungsgespräch folgte. Unser Sohn entschied sich tatsächlich für eine Ausbildung in diesem Beruf. Er schloss gut ab, machte sogar seinen Meister und ist heute sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Mittlerweile leitet er sogar seinen eigenen Bezirk und auch darin sahen wir Gottes Führung.
Natürlich muss so eine Familie nicht nur ernährt, sondern auch eingekleidet werden. Wir lebten nicht im Reichtum und häufig hatten wir nur das, was zum Leben nötig war. Einmal sagte unser heranwachsender Sohn zu mir, dass er neue Schuhe bräuchte. Ich sagte zu ihm: „Sobald Papa seinen Lohn bekommt, kaufen wir dir welche.“ Unser Sohn fragte dann, warum der Papa den zehnten Teil an die Gemeinde gab.
Ich erklärte ihm, dass der zehnte Teil nicht uns, sondern Gott gehört. Ich denke, es war kein Zufall, dass unsere Nachbarin am nächsten Tag eine große Kiste mit Schuhen vorbeibrachte. Sie arbeitete im Schuhgeschäft, welches schließen musste. Eigentlich sollten diese Schuhe vernichtet werden, aber die Frau erklärte ihrem Vorgesetzten, dass sie eine Großfamilie kenne und so gab man ihr diese Schuhe. So wunderbar fügte der Herr es, denn unserem Sohn passten nicht nur ein Paar, sondern gleich mehrere. So ist unser Gott – Er gibt uns mehr, als wir uns vorstellen können.
Worauf es wirklich ankommt
Heute sind alle Kinder erwachsen und es gibt vieles, woran wir uns erinnern können. Erinnere dich und zähle die Gnadentaten Gottes, behalte sie allezeit in deinem Herzen.
An meinem fünfzigsten Geburtstag fragte mein Bruder mich, welchen Wunsch ich auf dem Herzen hätte, für den er beten könnte. Welchen Wunsch könnten Eltern haben? Lange muss man darüber nicht nachdenken, denn ein Wunsch hat mich mein Leben lang begleitet: Dass die Kinder, die der Herr uns geschenkt hat, Ihn lieben und Ihm allein dienen. Wir sind dem Herrn sehr dankbar, dass alle Kinder in der Gemeinde sind und dem Herrn und einander dienen, jeder mit seinen Gaben. Aber wir sind noch auf dem Weg und unser Gebet zum Herrn ist es, dass wir einmal sagen werden: „Hier sind wir und unsere Kinder.“
Ich komme zurück zu meinem anfänglichen Gedanken über eine glückliche Ehe ohne Uneinigkeit, Streit und Beleidigung. Ich möchte sagen, dass der Herr uns vieles beigebracht hat. Er hat uns gelehrt zu vergeben, um Vergebung zu bitten, gehorsam zu sein und zu lieben. Nur mit Ihm sind wir wirklich glücklich. Er hat uns gelehrt, nahe bei Ihm zu sein, denn Er hat versprochen, dass Er die Wünsche derer, die Ihn fürchten, erfüllt, ihr Jammern hört und sie rettet. Preis sei Ihm allein.
Olga Firus
Gemeinde Ramstein