Vom Angsthasen zum Werkzeug Gottes

/, Ausgabe 1 | 2023/Vom Angsthasen zum Werkzeug Gottes

Vom Angsthasen zum Werkzeug Gottes

2023-04-03T10:52:25+02:0028. März 2023|

In der Ausgabe 3 | 2022 berichteten wir über Edeltrauds Macioszek Kindheit, ihre Entscheidung für Jesus und die Vorbereitung für den Vollzeitdienst im Haus Tabor. Dies ist die Fortsetzung ihres Lebens mit Gott.

 

Gottes Ruf an Edeltraud

In einem Gottesdienst fragte Gott Edeltraud, ob sie bereit sei, Ihm zu folgen, wohin Er sie führen würde. Sie folgte diesem Ruf Gottes und stellte sich Ihm zur Verfügung. Durch die Begegnung mit einem gläubigen alten Mann, der in einem Altenheim lebte, bereitete Gott sie für ihren zukünftigen Dienst vor.

 

Als Sozialpädagogin gehörte es zu ihrem Beruf, mit den Kindern für drei Wochen zu verreisen. Bei der Suche nach einem Ferienort dachte sie an Schieder, eine schöne Gegend mit einem Wald und Spielplatz vor Ort und an das Altenheim mit dem schönen Garten. Sie fragte im Haus Tabor nach, ob sie mit ihren Kindern kommen könne, um die Ferien dort zu verbringen. Der Hausvater erteilte ihr eine Zusage und so kamen sie im Sommer 1979 für drei Wochen nach Schieder.

 

Bildquelle: AdobeStock_478994559 © Mario

 

Sie übernachteten in einem schönen Zimmer und die Kinder spielten tagsüber im Garten. Am zweiten Abend ihres Aufenthalts sagte der Hausvater zu Edeltraud: „Du kommst doch jetzt zu uns!“ „Oh nein, das geht nicht“, entgegnete sie. „Ich verlasse meine Kinder nicht. Auch habe ich dort meine Freunde und eine gute Gemeinde. Dort leite ich eine Sonntagsschule, singe im Chor in der zweiten Stimme und hole mit meinem Auto die älteren Geschwister zum Gottesdienst ab. Erst vor drei Monaten habe ich meine erste eigene Wohnung bezogen, renoviert und dort schon Besuche empfangen und kann, wenn ich frei habe, meine Kinder nach und nach zu mir holen. Ich habe auch noch fünf Wochen Urlaub und verdiene durch viele Überstunden sehr viel Geld. Nein, das ist unmöglich, dass ich dort weggehe, um hier zu arbeiten.“

 

Doch Gott arbeitete an ihrem Herzen. Zwei Nächte konnte sie nicht schlafen. Edeltraud schrieb eine Liste mit Argumenten, die dafür und dagegen sprachen. Doch es machte die Entscheidung nicht leichter. Sie las in der Bibel, aber sie fand keine Antwort auf diese Frage. Sie telefonierte mit einigen Freunden und ihren Eltern, die ihr dringend davon abrieten, nach Schieder zu gehen. Ihre Mutter fragte sie: „Dafür haben wir dich studieren lassen?“ „Herr Jesus, ich will Dir gehorchen und das tun, was Du willst “, betete Edeltraud. „Wenn ich hierher kommen soll, dann musst Du es mir genau zeigen.“ Nach dem Gebet konnte sie sofort wieder einschlafen. Am nächsten Morgen las sie die Bibelstelle aus 1.Samuel 14,7: „Tue alles, was in deinem Herzen ist.“ Diese Antwort war Edeltraud jedoch nicht klar genug.

 

Die Zeit der Ferien verbrachte sie mit viel Nachdenken und viel Gebet. Der Gedanke, nach Schieder zu kommen, festigte sich immer mehr in ihrem Herzen und sie wurde ihn nicht mehr los. Sie machte sich Gedanken über die Kinder, die sie betreute und fragte sich, was mit ihnen werden sollte oder ob es möglich sei, sie nach Schieder mitzunehmen. Auch über ihre Gemeinde und Freunde dachte sie nach: Konnte sie wirklich alles hinter sich lassen?

 

Da es noch sechs Wochen bis zum Quartalsende waren, konnte Edeltraud ihre Anstellung im Kinderheim fristgerecht kündigen. Sie erzählte nach ihrer Rückkehr ihrem Chef von ihrem Entschluss. Für ihn kam diese Nachricht ziemlich unerwartet und er reagierte entsetzt. Am nächsten Tag bekam sie jedoch einen Anruf von ihm. Er informierte sie, dass sich ein neuer Erzieher gemeldet habe, der eine Woche lang im Kinderheim hospitieren werde. Am darauffolgenden Tag begann der neue Erzieher mit der Hospitation und kam in Edeltrauds Gruppe. Bereits nach einem halben Arbeitstag entschied er sich für die Stelle. So war schon Ersatz für Edeltraud gefunden.

 

Beginn eines neuen Lebensabschnitts

In ihrer Wohnung bat sie Gott um ein Wort, um klare Wegweisung. Gott machte ihr das Wort aus 5.Mose 33,18 lebendig: „Freue dich […] über deinen Auszug!“ Edeltraud brach weinend zusammen, ging durch die frisch renovierte Wohnung und pries Gott und sagte Ihm: „Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen. Der Name des Herrn sei gelobt.“

 

Gott bestätigte ihre Berufung noch einmal durch das Missionarsehepaar Nussbächer, das Edeltraud während ihres Missionsauftrags in Henstedt für eine Woche besuchte. Sie berichtete ihnen vom Haus Tabor in Schieder und ihrer neuen Berufung. Das Missionarsehepaar ermutigte sie durch ein Wort, das der Herr ihnen aufs Herz gelegt hatte. Gott würde sie einen schmalen, steinigen Weg führen, aber Er halte zwischendurch auch ruhige, grüne und erholsame Oasen für sie bereit. Nun fehlte noch ein Ersatz für die Kinderstunde in Henstedt, die Edeltraud führte. Sie fragte ein junges Mädchen namens Sabine, ob sie die Kinderstunde übernehmen könnte. Sabine verneinte zunächst. Doch dann starb ihre Oma auf der Familienreise während der Ferien und Gott arbeitete dadurch an ihrem Herzen, sodass sie doch einwilligte.

 

Gott sorgte auch für Edeltrauds andere Dienste. Als sie schon in Schieder war, kam eine junge Familie in die Henstedter Gemeinde dazu. Der Mann holte die älteren Leute mit seinem Auto ab, um sie zum Gottesdienst zu fahren, und die Frau übernahm den Büchertisch. Kurze Zeit darauf kam noch eine ältere Frau in die Gemeinde, die gut die Altstimme singen konnte. So wurden alle Dienste in der Gemeinde, die Edeltraud ausgeübt hatte, durch andere Glaubensgeschwister ersetzt.

 

Auch die Situation im Kinderheim veränderte sich. Das Jugendamt brachte alle Kinder nach und nach in Familien unter. Innerhalb eines halben Jahres waren alle Kinder verteilt und das Kinderheim wurde anschließend geschlossen. Geöffnet blieben nur noch zwei Gruppenhäuser, in denen behinderte junge Erwachsene wohnten. Gott handelte rechtzeitig in jeder Situation und gab Edeltraud einen neuen Auftrag im Haus Tabor. Es kamen viele Missionare aus verschiedenen Ländern der Erde ins Haus Tabor und übernachteten dort. Edeltraud wurde vom Hausvater dazu beauftragt, gut für die Missionare zu sorgen, was sie auch gerne tat. Bereits in ihrem Elternhaus hatte sie gelernt, Gastfreundschaft zu üben. In ihrem Elternhaus hatten sie immer Gäste aufgenommen: Bettler, Missionare, alte und junge Leute. Und sie hatten alles miteinander geteilt.

 

Besonders prägte sie der Missionar Bruder Hallelujah Israel aus Indien. Seine Erlebnisse mit Gott und seine Hingabe an ihn beeindruckten sie sehr und motivierten sie, Gott ebenfalls mit voller Hingabe zu dienen.

 

1981 lernten sich Bruder Rudolf Dzinnus, Leiter von Haus Tabor, und Bruder Jakob Wiebe auf einer Konferenz kennen. Seitdem begann eine Freundschaft und ein gemeinsamer Austausch mit der russlanddeutschen Pfingstgemeinde. Im Umgang mit den Mitbewohnern machte Edeltraud die Erfahrung, dass Anbetungs- und Loblieder eine Situation verändern, denn sie bringen die Gegenwart Gottes in den Raum und füllen alles mit Seiner Liebe. Bei Streitigkeiten, Traurigkeit oder Trauerfällen im Haus Tabor tröstete sie die Mitbewohner, indem sie Loblieder mit ihnen sang oder ihnen vorsang. Nach drei Lobliedern änderte sich die Atmosphäre und Gottes Geist erfüllte den Raum.

 

Die Arbeit im Haus Tabor machte ihr jedoch nicht immer Freude. Es gab auch schwierige Situationen, in denen sie die Hilfe Gottes brauchte und lernen musste abzuwarten und zu vertrauen. Im November 2011 gab es im Haus Tabor Reibungen zwischen den Mitarbeitern und Edeltraud fragte Gott, ob sie aufhören und alles aufgeben solle. Gott antwortete ihr mit hörbarer Stimme: „Weiche nicht. Ich helfe dir!“ Bei Gott schöpfte sie immer wieder neue Kraft und arbeitete weiter, bis Gott ihren Dienst beendete und ihr Gebet um eine Nachfolgerin erhörte. Edeltraud war 36 Jahre im Vollzeitdienst im Haushalt, Küche, Büro und der Pflege. In den letzten 19,5 Jahren, zwischen 1996 und 2015, war sie im Sozialen Dienst und als Heimleiterin tätig.

 

Tue alles, was in deinem Herzen ist.“ 1.Samuel 14,7

 

Dienst im Reich Gottes: Indische Dörfermission

Nebenbei war sie Kassiererin für die indische Dörfermission unter der Leitung von Bruder Hallelujah Israel. Edeltraud versorgte Bruder Hallelujah nicht nur, sondern fuhr mit ihm zusammen durch Norddeutschland, um ihn in den Gemeinden, die er besuchte, zu übersetzen. Während der 36 Jahre in Haus Tabor flog Edeltraud 13 Mal, zum Teil in organisierten Gruppen, nach Madras in Indien. Durch die Übersetzungsarbeit wurde ihr Englisch immer fließender und sicherer.

 

Am 31. Dezember 2015 schied Edeltraud als Heimleitung und aus dem Sozialen Dienst des Hauses Tabor aus. Sie ging mit 67 Jahren in den Ruhestand und arbeitete noch eine Zeit lang für einige Stunden als Betreuungskraft.

 

Seit Dezember 2015 lebte sie in Schieder in einer Wohnung und war seit Januar 2016 Mitglied in der FECG Blomberg. Gott fing sie liebend aus der Leere durch den Abschied mit einer lieben Gemeinde und liebenden Geschwistern auf. Am 30.12.2021 ging Edeltraud zu ihrem himmlischen Vater heim.

 

Eines wollte Edeltraud jedem Leser mit auf den Weg geben: „Es ist nichts zufällig, was in unserem Leben geschieht. Gott führt uns und redet zu uns. Gott formt uns durch verschiedene Menschen und wir dürfen Ihm in jeder Situation vertrauen. Wir dürfen das Wort Gottes wörtlich nehmen und auch in unserem Leben anwenden.“

 

Gott thront in einem demütigen Herzen und unter den Lobgesängen und das können auch wir heute erleben.

 

Simon Arent

Gemeinde Stapelage