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„Und da sie sah, dass es ein feines Kind war, verbarg sie ihn drei Monate“ (2.Mo 2,2). „Durch den Glauben ward Mose, da er geboren war, drei Monate verborgen von seinen Eltern, darum dass sie sahen, wie er ein schönes Kind war, und fürchteten sich nicht vor des Königs Gebot“ (Hebr 11,23).
Die Geschichte des Moses wird uns wieder einen Schritt weiter führen in der Unterweisung, wie der Glaube der Eltern sich bei der Behandlung der Kinder zu verhalten hat. Es war Glaube, dass die Eltern Moses ihr Kindlein als ein schönes Kindlein ansahen, es war auch Glaube, dass sie den Zorn des Königs nicht fürchteten, und wiederum war es der Glaube, der sie das Kind verbergen hieß und ihm sein Leben rettete. Bei jedem Kindlein, das von gläubigen Eltern geboren ist, sieht der Glaube dieselbe Schöne, begegnet er derselben Gefahr, und findet er auch denselben Weg zur Sicherheit.
Nehmen Eltern einen entschiedenen Standpunkt vor Gott ein, die Welt mag sie deshalb verachten und hassen, sie wird bald erfahren müssen, dass der Versuch, sie zu besiegen, wenig nützt.
Nur durch den Glauben konnten Moses‘ Eltern sehen, dass es ein feines Kind war. Die natürliche Liebe des Elternherzens ließ das Kind in der Mutter Augen unzweifelhaft als ein schönes erscheinen; aber der Glaube sah mehr als die Natur zu sehen vermochte. Gott öffnete die Augen, und da kam das Bewusstsein von etwas Besonderem, von einer geistigen Schönheit, welche ihnen ihr Kindlein doppelt wert erscheinen ließ. So sieht der Glaube in jedem kleinen Kind göttliche Anmut und göttliche Schönheit. Ist es nicht ein nach Gottes Bild geschaffenes Wesen, aus dem, wenn auch nur matt, aber doch wirklich der Glanz einer göttlichen Herrlichkeit und eines unsterblichen Lebens herausleuchtet?
Hat es nicht Anteil an dem großen herrlichen Erlösungswerk, an dem kostbaren Blut Jesu und an Seinem Heiligen Geist? Ein Kind, dessen Wert den der ganzen Welt übersteigt? Ein Kind, das sogar in diesem Leben schon ein Bruder Jesu, ein Diener des Höchsten und ein Segen für die unsterblichen Geister der Mitmenschen sein kann. Gewiss, der Glaube darf ein kleines Kind unaussprechlich schön nennen, denn er sieht es als ein Juwel in der Krone des Lammes scheinen, Seine Freude und Seine Ehre. Wir haben in der Tat eine gewissere Hoffnung, als es Moses Eltern jemals hatten, und ein viel helleres Licht, in dem die himmlische Schönheit unserer Kleinen sich wiederstrahlt. Oh Vater, öffne die Augen der deinen, dass ihr Glaube in jedem Kindlein, das du ihnen schenkst, auch sehen kann, dass es ein feines Kind ist.
Der Glaube ist es auch, der die Gefahr nicht fürchtet, wenn er sie gleichwohl sieht. Unsere Kinder sind noch ganz derselben Gefahr wie Moses ausgesetzt. Pharao hatte den Befehl gegeben, dass die Kinder des Volkes Gottes getötet werden sollten. Er wusste, wenn den Kindern das Leben genommen war, so würde auch das Volk bald aussterben. Auf diese Weise war kein Krieg mit seinen Unruhen und Gefahren nötig: Durch ein langsames, heimliches, aber sicheres Mittel sollte die Nation ausgerottet werden. Der Fürst dieser Welt verfolgt noch immer die gleiche Politik. Der Geist der Welt macht sein Recht auf die Kinder geltend; sind diese gewonnen, so sind alle gewonnen.
Zu oft geben christliche Eltern ihre Kinder der Welt zur Beute. Die Kinder wachsen verhältnismäßig in Unwissenheit über den herrlichen Heiland auf, werden ungläubigen oder gleichgültigen und weltlichen Lehren anvertraut, dürfen mit solchen Kameradschaft halten und Freundschaft schließen, deren Geist und Einfluss ganz und gar weltlich ist. Und die Gemeinde? Ach, sie ist nur zu oft zu untreu und zu schwach gewesen solcher Gefahr gegenüber. Wie wenig ist sie sich bewusst geworden, dass im Familienleben die mächtige Stütze für die Zukunft liegt, ja, ihre eigene Sache forderte es recht eigentlich, dass sie sich der Unterweisung und Aufmunterung der Eltern an erster Stelle annähme.
In welcher Ausdehnung ist die Erziehung der Jugend weltlichen Schulen und dem Geist des Jahrhunderts überlassen worden. Wie viele Tausende von Kindern sind auf diese Weise in dem mächtigen Nil dieser Welt ertrunken. Die größte Gefahr der Gemeinde Christi ist nicht Unglaube und nicht Aberglaube, es ist der Geist der Weltlichkeit in den Häusern unserer Christenleute, der die Kinder ein Opfer des Ehrgeizes oder der Gesellschaft, des Reichtums oder der Freundschaft der Welt werden lässt. Würde aus jedem Haus, das einmal für Christus gewonnen ist, eine Erziehungsschule für Seinen Dienst werden, wir würden hierin bald das Geheimnis einer geistigen Macht entdecken.
Es ist auch der Glaube, der immer noch denselben sicheren Weg auffinden wird. „Durch den Glauben ward Moses von seinen Eltern verborgen“ (vgl. Hebr 11,23). Sie vertrauten Gott in Bezug auf dies feine Kindlein, war es doch eins Seiner Bundeskinder. Durch den Glauben ward Moses von seinen Eltern verborgen. Diese einfachen Worte zeigen uns unsere Pflicht, das, was unser Glaube tun soll. Verbirg dein Kind! Aber wo? „Unter dem Schatten des Allmächtigen“ (vgl. Ps 91,1) aber „in dem Licht vor Seinem Angesichte“ (vlg. Ps 44,4).
Hier lege dein Kind von seiner Geburt an täglich im Glauben nieder, und lasse deine Seele von dem Bewusstsein erfüllt werden, dass ER es wirklich in Seine Obhut genommen hat. Mit dem ersten Aufdämmern von Bewusstsein lenke seine jugendlichen Schritte zu den Spalten des einen Felsen und zu der Liebe Jesu als dem einzig sicheren Platz. Verbirg es im stillen Leben daheim vor den Aufregungen der Welt draußen, vor den Einflüssen einer Zivilisation und Bildung, die nur irdisch sind. Dies Verbergen, so dass der Feind das Kind nicht finden kann, ist eine der ersten und höchsten Pflichten des Glaubens.
Kommt dann die Zeit, dass dein Kind mit der Welt in Berührung kommen muss, so kannst du es doch Ihm, dem Hüter Israels, anvertrauen, – lasse es in deinem Herzen eine ausgemachte Sache sein, dass ER dein Vertrauen angenommen und die Fürsorge selbst übernommen hat, und dass ER niemals deinen Glauben täuschen kann. Halte im Glauben daran fest, dass deine Kinder, die Kinder eines auserwählten Geschlechtes sind, das für Gott abgesondert ist, darum müssen sie auch für Ihn abgesondert bleiben.
Der Lohn des Glaubens, der den Eltern des Moses zuteil ward, wird auch der unsrige sein. Moses war nicht nur errettet worden, er wurde selbst der Retter seines Volkes. Auch dein Kind soll nicht nur für sich gesegnet sein, es soll zum Segen werden für andere. Nicht jedes Kind hat den gleichen Beruf, den Moses hatte, aber Gott braucht in Seinem Reich nicht nur einen Moses, sondern auch eines Moses‘ Mutter und Schwester, um Seine Absichten auszuführen. Lasse deinen Glauben nur ebenso wie bei der Mutter Moses‘ wirken; Gott selbst wird darauf sehen, dass unsere Arbeit nicht vergeblich ist. Die Erziehung, die Moses‘ Mutter ihm in seiner Kindheit gab, war der Art, dass die vielen Jahre seiner Erziehung nachher am Hof Pharaos sie nicht verwischen konnten.
Der Glaube seiner Eltern trug in Moses‘ eigenem Glauben Früchte, als er erklärte, um jeden Preis mit dem Volke Gottes leiden zu wollen, und den Zorn des Königs nicht fürchtete, denn er sah Ihn, den Unsichtbaren. Lasse deinen Glauben das Kind in der Arche der Liebe Gottes verbergen, und wenn Gott deinem Glauben das Kind zur Obhut anvertraut, so lasse diesen Glauben es auch für Gott und Sein Volk erziehen. Kommt dann die Zeit, dass es in die Welt gehen muss, und sei es sogar, um an Pharaos Hof zu leben, es wird in der Macht des Glaubens und in Gottes Hut dennoch sicher sein. Ein Kind des Glaubens wird nicht nur für sich einen Segen empfangen, es wird ein Segen für seine ganze Umgebung sein.
Auch dein Kind soll nicht nur für sich gesegnet sein, es soll zum Segen werden für andere.
Gott gebe, dass die Gemeinde in der Tat eine „Mosesmutter“ werde, die treue Pflegerin der Kinder, die ihrer Fürsorge anvertraut sind, die sie verbirgt und von der Welt und ihrem Einfluss abgesondert hält, ER wird Seine Verheißung herrlich in Erfüllung gehen lassen, wenn ER nur die Pflicht erfüllt sieht: „Nimm hin das Kindlein und säuge mir‘s; ich will dir lohnen.“
Gnädiger Gott! Ich danke Dir von ganzem Herzen für die Unterweisung durch Dein Wort, durch die Du auch mich zubereiten willst, meinen heiligen Beruf im Elternstand zu erfüllen. Ich danke Dir für das Beispiel von Moses‘ Eltern und bitte Dich, lasse die Gnade, die sie lehrte, ihr Kind im Glauben zu verbergen, mir auch zuteilwerden! HERR, ich weiß, dass ich die Gefahr, der sie durch den Fürsten und Geist dieser Welt ausgesetzt sind, noch nicht genug erkenne – HERR, lehre mich, die Gefahr recht zu erkennen und mich doch niemals vor dem Befehl des Königs zu fürchten.
Öffne meine Augen, dass ich es mit dem himmlischen Licht zu sehen vermag, dass jedes kleine Kind, das meiner Obhut und Erziehung anvertraut ist, ein feines Kindlein ist, das ich für Deine Arbeit hienieden und für Dein Reich erziehen soll. Hilf mir, es mit der Demut, Wachsamkeit und Unerschrockenheit des Glaubens zu schützen und es vor der Macht der Welt und Sünde zu bergen. Möchte doch mein eigenes Leben ein Leben des Glaubens sein, mit Christus verborgen in Gott, dass auch mein Kind keinen andern Platz weiß als diesen allein.
Die größte Gefahr der Gemeinde Christi ist nicht Unglaube und nicht Aberglaube, es ist der Geist der Weltlichkeit in den Häusern unserer Christenleute, der die Kinder ein Opfer des Ehrgeizes oder der Gesellschaft, des Reichtums oder der Freundschaft der Welt werden lässt.
Und gewähre dies auch Deinem ganzen Volk, o mein Gott! Lasse es Deiner Gemeinde zum Bewusstsein kommen, welchen Platz sie in dieser Welt einnehmen muss, und dass es ihr Beruf ist, in das Land zu gehen, in das Gott sie gerufen hat. Lasse in der Erziehung der Kinder die große Macht des Glaubens gesehen werden, den Unterschied zwischen denen, die Dich fürchten, und denen, die Dich nicht fürchten. O gib uns Gnade, unsere Kinder für Dich, unser Gott, großzuziehen. Amen.
Andrew Murray (1828-1917)
Aus Familienleben in Christo
Alle Bibelzitate sind der Übersetzung von Martin Luther (1912) entnommen.