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Die Bibel ist voll von Berichten, die uns die Größe Gottes beschreiben. Sie beschreibt Menschen, wie Elia, Mose, Daniel oder auch die Apostel im Neuen Testament. Durch sie hat Gott große Wunder vollbracht. Doch leider geht es uns heute oft wie Gideon, der sich nach dem Wirken Gottes auf der Erde sehnte (vgl. Ri 6,13).
Gott hat sich nicht verändert, also muss der Mangel an dem Wirken Gottes an uns liegen und nicht an Ihm. Was sind die Ursachen dafür, dass Gott heutzutage nicht so allgegenwärtig in unserer Mitte ist? Warum ist die Verkündigung in unseren Gottesdiensten oft so kraftlos und bewirkt so wenig Veränderung im Leben der Zuhörer? Die Hauptursache ist das Fehlen von ernstem und anhaltendem Gebet.
Durch das Lesen des Büchleins „Kraft durch Gebet“ ist mir das wieder sehr bewusst geworden. Das ist der Grund, warum wir hier einige Kapitel dieses Buches abdrucken wollen. Unser Wunsch und Gebet ist es, dass jeder, der diese Kapitel liest, vom Geist Gottes bewegt wird, sein Gebetsleben zu korrigieren, um mit mehr Vollmacht dem Herrn dienen zu können.
„Trachte nach einem geheiligten Leben, denn deine ganze Eignung hängt davon ab. Deine Predigten dauern nur eine oder zwei Stunden; dein Leben hingegen predigt die ganze Woche hindurch. Wenn es dem Teufel auch nur gelingt, in dir die Begierde zu wecken, dass du gern von Menschen gelobt wirst, dem Vergnügen nachjagst, gern gut isst, dann hat er deinen Dienst schon ruiniert.
Gib dich dem Gebet hin und lass dir deine Texte, deine Gedanken und deine Worte von Gott schenken. Luther verbrachte seine wertvollsten drei Stunden im Gebet“ (Robert Murray McCheyne).
Mit aller Kraft suchen wir neue Methoden, um die Gemeinde des Herrn zu fördern und dem Evangelium eine großflächigere Ausbreitung und Wirksamkeit zu sichern. Dieses Merkmal unserer Zeit neigt dazu, den Menschen in einen Plan oder eine Organisation hineinzuziehen. Gottes Plan jedoch ist es, Menschen maximal zu befähigen. Menschen sind Gottes Methode. Die Kirche sucht nach besseren Methoden – Gott sucht nach besseren Menschen. „Es ward ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes.“
Die Zeit, die Christus ankündigte und den Weg für ihn vorbereitete, war in diesem Mann Johannes verkörpert. „Uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“ Die Rettung der Welt kommt von diesem Sohn in der Krippe. Die Herrlichkeit und Wirksamkeit des Evangeliums hängen davon ab, inwieweit sich die Menschen von Gott gebrauchen lassen. Diese lebenswichtige Wahrheit wird von unserer Zeit der äußerlichen Propaganda für das Evangelium unbeachtet gelassen.
Prediger formen nicht nur Predigten, sondern auch Menschen.
Die Gemeinde des Herrn braucht heute keine neuen Organisationen, nicht noch mehr Methoden, sondern Männer, die vom Heiligen Geist gesalbt und mit Seiner Kraft ausgerüstet sind. Männer des kraftvollen Gebets. Der Heilige Geist fließt nicht durch Methoden, sondern durch Menschen. Weder salbt Er Verwaltungsapparate, noch gibt Er ihnen Kraft. Er heiligt keine Pläne, sondern Menschen des Gebets.
Ein bedeutender Historiker sagte einmal, dass die Eigenschaften des menschlichen Charakters mehr mit den Revolutionen der Völker zu tun haben, als die philosophischen Historiker und die demokratischen Politiker zugeben. Diese Wahrheit ist auf das Evangelium Christi voll anwendbar. Charakter und Wandel der Nachfolger Christi verändern die Welt, wandeln Nationen und Einzelne um. Das kann man besonders von den Verkündern des Evangeliums sagen.
Sowohl das Wesen als auch der Erfolg des Evangeliums sind dem Prediger anvertraut. Entweder tut er den Menschen die unverfälschte Wahrheit kund oder aber er verzerrt die Botschaft Gottes. Der Prediger ist der goldene Kanal, durch den das göttliche Öl fließt. Die Leitung muss nicht nur golden, sondern sauber und einwandfrei sein, damit das Öl ungehindert hindurchfließen kann.
Der Mann an sich formt den Prediger; daher muss Gott den Mann formen. Der Botschafter ist, wenn man das so sagen kann, mehr als die Botschaft. Der Prediger ist mehr als die Predigt. Der Prediger macht die Predigt. Wie die lebensspendende Muttermilch nur von einer Mutter kommen kann, so wird alles, was der Prediger sagt, durchdrungen von dem, was der Prediger ist. Der Schatz ist in irdenen Gefäßen enthalten und der Geschmack des Gefäßes durchdringt den Inhalt und kann ihm eine andere Farbe geben.
Der ganze Mensch steht hinter der Predigt. Das Predigen ist nicht die Leistung einer Stunde, es ist das Überfließen eines Lebens. Es dauert zwanzig Jahre, eine Predigt zu erstellen, weil es zwanzig Jahre dauert, den Mann dahinter zu formen. Wahres Predigen ist etwas Lebendiges. Die Predigt wächst, weil der Mann wächst. Die Predigt ist kraftvoll, weil der Mann kraftvoll ist. Die Predigt ist heilig, weil der Prediger heilig ist. Die Predigt ist voll der göttlichen Salbung, weil der Prediger voll der göttlichen Salbung ist.
Paulus nannte es „mein Evangelium“, nicht, weil er es durch seinen Egoismus oder durch eine selbstsüchtige Anwendung herabgesetzt hätte, sondern er verinnerlichte das Evangelium in Fleisch und Blut. Dieses persönliche Treuhandgut sollte durch seine paulinischen Merkmale ausgeführt werden, durch die feurige Kraft seiner feurigen Seele entzündet und bevollmächtigt.
Was bedeuten die Predigten des Apostels Paulus? Wo sind sie jetzt? Skelette, verstreute Bruchstücke, die auf dem Meer der Inspiration dahintreiben? Aber Paulus selber, größer als seine Predigten, lebt für immer in seiner ganzen formenden Größe in der Gemeinde weiter. Das Predigen ist nur eine Stimme, die irgendwann schweigen wird. Der Text wird vergessen und entschwindet aus dem Gedächtnis, doch der Prediger hingegen lebt weiter.
Die Predigt an sich kann den Prediger mit ihrer lebensspendenden Kraft nicht überragen. Tote Männer halten tote Predigten und tote Predigten töten. Alles hängt vom geistlichen Charakter des Predigers ab. Zur Zeit des Alten Testaments trug der Hohepriester auf einem goldenen Stirnband die Aufschrift: „Heilig dem Herrn.“
Jeder Prediger, der im Dienste Christi steht, muss sich durch dieses heilige Motto formen lassen! Es ist eine große Schande für die christlichen Verkünder, dass sie in Bezug auf Heiligkeit in der Art und Ziel den jüdischen Priestern nachstehen. Jonathan Edwards sagte einmal: „Ich fuhr eifrig fort, nach mehr Heiligkeit und Christusähnlichkeit zu trachten. Der Himmel, den ich mir ersehnte, war ein Himmel der Heiligkeit.“
Das Evangelium Christi verbreitet sich nicht von alleine. Es entwickelt sich in dem Maße weiter, in dem sich die Männer entwickeln, die mit dem Evangelium vertraut sind. Die göttlichen und besonders hervorstechenden Merkmale des Evangeliums müssen in dem Prediger verkörpert sein. Er muss das Evangelium personifizieren. Die Macht der Liebe muss als hervorragende, alles gebietende, sich selbst vergessende Kraft in dem Prediger zu spüren sein. Die Fähigkeit der Selbstverleugnung muss sein Wesen, sein Herz und Blut durchdringen. Er sollte in Demut gekleidet einhergehen, sanftmütig bleiben, klug wie eine Schlange, doch ohne Falsch wie eine Taube sein, gebunden wie ein Knecht, doch mit dem Geist eines Königs. Eines Königs mit einer königlichen, unabhängigen Haltung und der Einfachheit und Lieblichkeit eines Kindes.
Der Verkünder muss sich mit ganzer Hingabe und verzehrendem Eifer in seine Arbeit stürzen, um Menschen zu retten. Die Menschen, die unsere Generation für Gott gewinnen wollen, müssen heldenhafte, mitleidende und furchtlose Märtyrer sein. Wenn sie furchtsame Menschendiener sind, die den Menschen gefallen wollen, sich vor ihnen fürchten und ihr Glaube sich nur schwach auf Gott und Sein Wort stützt, können sie weder die Kirche noch die Welt zu Gott ziehen.
Die wahre Predigt entsteht in der Gebetskammer
Der Prediger sollte sich selber am eifrigsten predigen und an sich die umfänglichste und gründlichste Arbeit tun. Die größte, schwierigste und anhaltendste Arbeit Christi war die Ausbildung der zwölf Jünger. Prediger formen nicht nur Predigten, sondern Menschen und Heilige. Nur der ist zu dieser Arbeit befähigt, der selber ein heiliger Mann ist.
Gott braucht keine großen Talente, hohe Bildung oder mächtige Prediger, sondern geheiligte Männer mit großem Glauben, großer Liebe und großer Treue. Männer, die allezeit predigen – durch geheiligte Worte auf der Kanzel und durch ein geheiligtes Leben im Alltag. Solche Männer können unsere Generation zu Gott führen.
Solcher Art waren die ersten Christen – Menschen von starkem Gepräge, Prediger nach himmlischem Vorbild – heldenhaft, unnachgiebig, geheiligt. Für sie bedeutete das Verkünden des Wortes eine Arbeit der Selbstverleugnung und Selbstkreuzigung. Sie gaben sich dieser Aufgabe in einer Weise hin, die nicht ohne Wirkung auf ihre Generation blieb. Der Prediger soll ein Beter sein. Gebet ist die mächtigste Waffe des Predigers, eine allmächtige Kraft, die allen Leben und Kraft gibt.
Die wahre Predigt entsteht im Gebetskämmerlein. Der Mann Gottes entsteht im Gebetskämmerlein. Sein Leben mit tiefsten Überzeugungen sind in seiner Gemeinschaft mit Gott geboren. Die Last seiner Seele, seine schwerwiegendsten und schönsten Botschaften erhält er, wenn er allein mit Gott ist. Gebet formt den Menschen; Gebet formt den Prediger; Gebet formt den Pastor.
Die Prediger unserer Zeit sind schwach im Gebet. Der Stolz auf die Ausbildung steht der abhängigen Demut des Gebets im Wege. Das Gebet auf der Kanzel geschieht zu oft nur formell, eine Verrichtung, die zur Routine des Gottesdienstes gehört. Auf der Kanzel unserer Zeit ist das Gebet nicht die gewaltige Kraft, wie sie im Leben und Dienst des Apostels Paulus war.
Jeder Prediger, der das Gebet nicht zu einem mächtigen Faktor seines eigenen Lebens und seines Dienstes macht, ist ein schwacher Faktor in der Reichsgottesarbeit. Somit ist er kraftlos im Hinblick auf die Führung der Sache Gottes in dieser Welt.
E. M. Bounds (1835 – 1913)
Aus „Kraft durch Gebet“, Herold-Verlag