Reportage über die Schuhkartonaktion 2020 in Bulgarien
Wir befinden uns in Speyer vor dem Missionshaus und bereiten uns auf eine Missionsfahrt nach Bulgarien vor. Vor uns stehen zwei Sprinter voll beladen mit 800 Schuhkartons für arme Kinder in Bulgarien. Außerdem befinden sich in den beiden Fahrzeugen noch Kinderkleidung und weitere Hilfsgüter.
Die Schuhkartons wurden zuvor von den Gemeinden Speyer und Schwegenheim zusammengestellt, wobei vor allem die Kinder und Jugendlichen mitgewirkt haben. Das Ziel der Schuhkartonaktion war es, die frohe Botschaft von Jesus Christus in Verbindung mit Weihnachtspaketen an die Kinder und Familien in ärmeren Ländern weiterzugeben. Nun war alles für die Fahrt bereit.
Gesegnete Autofahrt ohne Hindernisse
Es ist Donnerstagmorgen, der 17. Dezember 2020. Die Autofahrt beginnt um 12:00 Uhr mittags. Mit sechs Brüdern machen wir uns auf den Weg, nachdem wir im Vorfeld für die Fahrt gebetet und alles in die Hände Gottes gelegt haben. Auf der Fahrt gibt es keine Staus oder Hindernisse und wir spüren den Segen Gottes, der uns begleitet und uns alles gelingen lässt. Die Straßen sind durchgehend asphaltiert und gut ausgebaut.
Erst in Bulgarien, in dem Land der stillen Landschaften, als wir uns dem Ort Krivodol nähern, werden die Straßen lehmig und uneben. Nach einer 23-stündigen Autofahrt kommen wir schließlich am Freitagvormittag, dem 18. Dezember 2020 um 11:00 Uhr in Krivodol an. Das Land Bulgarien ist übersäht mit leerstehenden Fabriken und Häusern in erbärmlichen Zuständen.
Erster Zwischenstopp am Stützpunkt
Krivodol ist eine Stadt im Norden des Landes. Die Stadt befindet sich im Flachland und ist von Wiesen und Feldern umgeben. Am Horizont kann man in der Ferne bereits das Balkangebirge erkennen.
Dort in Krivodol befindet sich ein Stützpunkt des Missionswerks Stephanus, der als Lagerstätte genutzt wird. Am Stützpunkt angekommen begrüßen uns unsere Geschwister vor Ort und bieten uns Tee, Kaffee und Baniza an (das ist ein Blätterteig-Gebäck und Nationalgericht in Bulgarien).
Anschließend verteilen wir einige Weihnachtspakete an unsere Geschwister aus Sofia, Vratsa und Plewen, die nach Krivodol gereist sind, um die Pakete entgegen zu nehmen. Die Pakete werden dann von unseren Brüdern vor Ort weiterverteilt, da es uns in der aktuellen Situation aufgrund der Corona Beschränkungen nicht möglich ist, die Pakete persönlich zu verteilen.
In Sofia, der Hauptstadt des Landes, ist ein Missionarsehepaar tätig. Sie betreuen mehrere kleine Hauskreise und werden dort auch die Weihnachtspakete für uns verteilen.
Nach der Übergabe der Weihnachtspakete beginnen wir mit den handwerklichen Tätigkeiten und montieren ein Kreuz sowie das Missionsschild des CDH Stephanus an der Hausfassade und reparieren einen Wasserschaden.
Ein Nachbar unterstützt uns bei diesen handwerklichen Tätigkeiten, indem er uns mit Strom beliefert. Nach den Arbeiten kommt es zu einem persönlichen Gespräch mit dem Nachbarn. Er erzählt uns von seiner Not und schüttet sein Herz vor uns aus: Er hat eine gläubige Tochter und einen ungläubigen Sohn. Seine gläubige Tochter ist vor einigen Tagen gestorben und hinterlässt ihm zwei Kinder, die er nun versorgen muss. Ihr Mann hat sie verlassen. Er kann nicht verstehen, warum Gott dies alles zugelassen hat, vor allem, weil seine Tochter bekehrt war. Unter Tränen erzählt er uns von seiner Situation. Wir trösten und ermutigen ihn mit Bibelworten und beten gemeinsam für ihn und seine Situation.
Besuch in einer ehemaligen Kaserne
Der nächste Zwischenstopp ist Vratsa. Vratsa ist eine Stadt am Fuße der steilen Gipfel des Balkangebirges. Die Landschaft erinnert uns ein wenig an die Bayerischen Alpen, die wir aus Süddeutschland kennen. Hier in Vratsa besuchen wir eine ehemalige Kaserne. Der Zustand des Gebäudes ist erbärmlich. Der Außenputz fällt von den Wänden, das Dach ist undicht und teilweise bereits eingestürzt. Innen ist das Gebäude teilweise im Rohbau-Zustand. Weder Heizung noch fließendes Wasser sind vorhanden.
In der Umgebung versorgt die Stadt die Menschen mit Trinkwasser. Für weitere Hilfen fehlen der Stadt aber die finanziellen Mittel. In der ehemaligen Kaserne sieht es aus wie auf einer Müllhalde, doch in so einem Gebäude hausen die Ärmsten der Armen. Um die Zimmer warmzuhalten, wird in einigen Räumen mit Öfen geheizt. Der Rauch verteilt sich in den Zimmern und hält sie so warm.
Es ist ein Schock für uns, die Menschen so erbärmlich leben zu sehen. Durch das Verteilen der Weihnachtspakete und das Vorlesen der Weihnachtsgeschichte dürfen wir den Menschen eine riesige Freude bereiten. Es ist schön, in die freudestrahlenden Gesichter der Kinder zu schauen. Für die Kinder ist es nichtsdestotrotz ein Weihnachten, das sie sonst so nicht kennen.
Der Besuch in der ehemaligen Kaserne hat unsere Herzen mit Dank erfüllt und uns zum Nachdenken über unser eigenes Leben bewegt. Wir beschweren uns über die Ausgangssperren in Deutschland und die Menschen hier kämpfen um ihr Überleben.
Die Menschen in der Kaserne werden von Ivailo, einem Bruder vor Ort, betreut. Er besucht sie gelegentlich, bringt ihnen die frohe Botschaft und übt mit ihnen christliche Lieder ein. Ivailo betreut auch noch mehrere kleine Hauskreise mit maximal 10 Personen. Für diese Menschen hat er von uns Weihnachtspakete und Geld erhalten, damit er Lebensmittel einkaufen und diese dann an die Hilfsbedürftigen verteilen kann.
Zu Besuch bei einer Familie
Auf dem Rückweg nach Rumänien machen wir in Dondukovo, einem Dorf nahe der Grenze zu Rumänien, bei Bruder Milton und seiner Familie Halt. Dondukovo ist ein kleines Dorf, das sehr ländlich von Feldern und Wiesen umgeben ist. Milton ist dort ein Ältester und leitet die dortige Gemeinde. Wir übergeben ihm 100 Weihnachtspakete für seine Gemeinde und werden anschließend herzlich zum Abendessen eingeladen.
Während der wunderbaren Mahlzeit erzählt Bruder Milton uns von seiner Not: Seine verheiratete Tochter erwartet ein Kind, das wahrscheinlich behindert zu Welt kommen wird. Die Ärzte raten ihr zu einer Abtreibung, doch seine Tochter ist sicher, dass sie das nicht tun möchte, weil jedes Kind ein Geschenk Gottes ist. Bruder Milton bittet um Fürbitte für seine Tochter und das ungeborene Kind.
Besichtigung eines Neubauprojektes und Besuch eines Kinderheims
Es ist Samstag, der 19. Dezember. Nach einer erholsamen Nacht in einer Unterkunft fahren wir weiter in Richtung Arad, um die letzten Weihnachtspakete zu verteilen. Auf dem Weg dürfen wir die malerische Landschaft Rumäniens bestaunen. Uns bieten sich bewaldetes Gebirge und leicht hügelige Landschaften mit weiter Sicht. Die Stadt Arad ist als Industriezentrum bekannt und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt mit wunderschönen historischen Bauwerken.
In Arad angekommen besichtigen wir die Baustelle eines Neubauprojektes der Gemeinde Pforzheim. Hier soll ein Missionszentrum entstehen. Wir treffen auf der Baustelle Jugendliche aus der Gemeinde Speyer, die mit den Putzarbeiten beschäftigt sind. Nach der Baubesichtigung werden wir zum Mittagessen eingeladen und genießen voller Dankbarkeit die uns dargereichten Speisen. Gestärkt bringen wir unserem Herrn den Lob und die Ehre, die Ihm gebührt, und genießen die Gemeinschaft miteinander.
Anschließend machen wir uns auf den Weg zum städtischen Kinderheim, um dort die letzten Weihnachtspakete zu verteilen. In diesem Kinderheim werden 33 Kinder betreut. 15 von ihnen übernachten auch dort. Die anderen bleiben nur tagsüber.
Das Kinderheim ist gut eingerichtet. Es gibt einen Essraum mit mehreren Tischen, eine Spiele- und Leseecke sowie Schlafräume für die Kinder. Alles ist sauber und ordentlich. Die Weihnachtspakete dürfen wir den meisten Kindern persönlich überreichen. Die Kinder, die sich in Quarantäne befinden, dürfen wir nur kurz und mit Abstand sehen, da sie ihre Zimmer nicht verlassen dürfen. Wir erleben hier eine gesegnete Gemeinschaft mit den Kindern und bringen ihnen die frohe Botschaft von der Geburt Christi und singen gemeinsam das Lied „Dir gebührt die Ehre“.
Persönliche und abschließende Worte
Für die Fahrt nach Bulgarien war ein Auslandsaufenthalt von 72 Stunden erlaubt, weshalb wir unseren Aufenthalt so kurz wie möglich gehalten haben.
Es war schon ein Wunder, dass die Fahrt überhaupt stattfinden durfte. Auf der Fahrt hatten wir das Gefühl, als gäbe es kein Corona und auf dem Hinweg wurde unsere Ladung nicht kontrolliert.
Das Risiko einzugehen, nach der Fahrt in Quarantäne zu müssen, war es uns wert. Das Werk des Herrn war für uns wichtiger als mögliche Beschränkungen. Wir sind Gott sehr dankbar für Seinen Schutz, Seine Bewahrung und für den Segen, mit dem Er uns begleitet hat.
CDH Stephanus
Simon Arent