Mein Ich kreuzigen!

  • „in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst.“ (Phil 2,3). Bildquelle: AdobeStock_229295322 @ Nat-bowornphatnon

Mein Ich kreuzigen!

2021-12-08T13:55:00+01:0030. November 2021|

Jesus hat es – von der Krippe bis zum Kreuz – vorgelebt.

Eines der größten Hindernisse und Feinde im Dienst für den Herrn ist unser eigenes ICH. Im Garten Gethsemane sagte Jesus zu Seinen Jüngern: „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt! Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ (Mt 26,41). Unser ICH bringt uns immer wieder zu Fall und in Schwierigkeiten. Die gefallene Natur ist dem Wesen und Willen Gottes entgegengesetzt und widerspenstig. Selbstverwirklichung, Selbstbestätigung, Selbstzufriedenheit sind oft die treibenden Kräfte im Dienst und nicht die Liebe zu Gott und den Menschen. „Denn das Fleisch gelüstet gegen den Geist und der Geist gegen das Fleisch; und diese widerstreben einander, sodass ihr nicht das tut, was ihr wollt“ (Gal 5,17).

 

In der Zeitschrift „Christianin“ von 1927 gab es folgende Geschichte zu lesen:

 

Ein Pastor kam nach einem Sonntagsgottesdienst nach Hause. Zufrieden über die Verhältnisse in der Gemeinde saß er an seinem Schreibtisch und sah plötzlich eine Vision: Ein angenehm gekleideter Mann betrat das Zimmer. In seiner Hand hatte er verschiedene Apothekerwerkzeuge – eine Waage, Reagenzgläser, einen Bunsenbrenner usw. „Sind Sie der Gemeindeleiter?“, fragte er den Pastor und gleich darauf: „Haben Sie Hingabe im Dienst?“ Aus seiner Brusttasche holte der Pastor seine Hingabe in Form einer Schokoladentafel heraus und gab sie ihm. Der Mann legte sie auf die Waage und schrieb dann auf einen Zettel: „Die Hingabe des Dieners für die Bemessung der Belohnung von Gott = 100 Gramm.

 

Der Pastor sprang vor Freude hoch, aber der Mann schaute ihn so verwundert an, dass er sofort verstand, dass die Untersuchung noch nicht beendet war. Dann zerschlug er seine Hingabe in kleine Stücke, tat alles in ein Reagenzglas und stellte dieses auf den Bunsenbrenner, um es zu schmelzen. Alles wurde zu einer dickflüssigen Masse. Als er die Masse abkühlen ließ, entstand ein Stück aus vielen verschiedenen Schichten. Diese Schichten trennte er nun voneinander und legte alle einzeln auf die Waage.

 

Die Ergebnisse schrieb er in eine Liste, die folgendermaßen aussah:

1) Verstellung                             10 Teile

2) Suche nach eigener Ehre     23 Teile

3) Stolz über seinen Titel         11 Teile

4) Herrschsucht                         12 Teile

5) Suche nach Lob                     19 Teile

6) Stolz über Talente                14 Teile

7) Liebe zu Gott                         4 Teile

8) Liebe zu Menschen              4 Teile

9) reine, echte Hingabe            3 Teile

Gesamt:                                  100 Teile

 

 

Am Ende dieser Analyse packte er seine Sachen zusammen, sah den Pastor mitleidig an und sagte zu ihm: „Gott möge dich retten!“ Dann ging er weg. Der Pastor las den Zettel noch einmal, zerknüllte ihn in seiner Hand und sagte: „Es kann doch nicht sein, dass in meiner Hingabe im Dienst für Gott und Menschen so viel Dreck mit hineingemischt war. HERR, was ist das?“

 

Da sprach der Heilige Geist zu ihm: „Mene, Mene Tekel u Parsin. Du bist auf der Waage gewogen und als zu leicht erfunden.“ Er fiel auf die Knie. Früher hatte er gebetet: „HERR, rette mich vor der höllischen Verdammnis.“ Aber jetzt betete er beständig: „HERR, rette mich vor meinem ICH, vor mir selbst.“

Es ist notwendig, dass wir Gott darum bitten, uns von unserem ICH zu erlösen.

Diese Sünden sind keine direkten Tatsünden und darum auf den ersten Blick auch nicht sichtbar. Wie in einem Zimmer, das auf den ersten Blick sauber aussieht. Doch wenn man anfängt, hinter das Bett und den Schrank zu sehen, dann findet man auf einmal so viel Unrat, dass es einem peinlich wird. Wie viel Egoismus und Selbstliebe, persönlicher Ehrgeiz und Stolz sind in unserem Leben vorhanden? Gott möchte uns heute durchleuchten, damit wir ein bisschen tiefer in uns hineinschauen, als wir es gewöhnlich tun. Es ist notwendig, dass wir Gott darum bitten, uns von unserem ICH zu erlösen. Darum sind wir empfindlich und schnell beleidigt, wenn wir kritisiert oder ermahnt werden.

 

Im Jakobusbrief lesen wir, dass Neid und Streit Dinge sind, die viel in unserem Leben zerstören: „Wer ist weise und verständig unter euch? Der zeige durch einen guten Wandel seine Werke in Sanftmütigkeit, die aus der Weisheit kommt! Wenn ihr aber bitteren Neid und Selbstsucht in euren Herzen habt, so rühmt euch nicht und lügt nicht gegen die Wahrheit! Das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern eine irdische, seelische, dämonische. Denn wo Neid und Selbstsucht ist, da ist Unordnung und jede böse Tat. Die Weisheit von oben aber ist erstens rein, sodann friedfertig, gütig; sie lässt sich etwas sagen, ist voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch und frei von Heuchelei. Die Frucht der Gerechtigkeit aber wird in Frieden denen gesät, die Frieden stiften“ (Jak 3,13-18).

 

Das ist unser ICH – irdisch, seelisch und dämonisch. Unordnung und lauter böse Dinge wie Familienstreitigkeiten, Zerrüttung, kaputte Beziehungen und Spaltungen sind die Folgen, die in der Gemeinde und in christlichen Familien zu finden sind. In Jakobus ruft Gott immer wieder zu Demut und Frieden auf:

„Woher kommen die Kämpfe und die Streitigkeiten unter euch? Kommen sie nicht von den Lüsten, die in euren Gliedern streiten? Ihr seid begehrlich und habt es nicht, ihr mordet und neidet und könnt es doch nicht erlangen; ihr streitet und kämpft, doch ihr habt es nicht, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und bekommt es nicht, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in euren Lüsten zu vergeuden. Ihr Ehebrecher und Ehebrecherinnen, wisst ihr nicht, dass die Freundschaft mit der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer also ein Freund der Welt sein will, der macht sich zum Feind Gottes! Oder meint ihr, die Schrift rede umsonst? Ein eifersüchtiges Verlangen hat der Geist, der in uns wohnt; umso reicher aber ist die Gnade, die er gibt. Darum spricht er: »Gott widersteht den Hochmütigen; den Demütigen aber gibt er Gnade« So unterwerft euch nun Gott! Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch; naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch! Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid! Fühlt euer Elend, trauert und heult! Euer Lachen verwandle sich in Trauer und eure Freude in Niedergeschlagenheit! Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen“ (Jak 4,1-10).

Sind wir heute bereit, unsere Hobbys und Aktivitäten für Jesus und Sein Werk einzugrenzen oder gar ganz aufzugeben?

 

Eigentlich fordert Gott dazu schon in den zehn Geboten auf (vgl. 2.Mo 20). Doch wir Menschen lieben es mehr zu lügen, zu stehlen, Ehe zu brechen, zu töten, zu begehren usw. Welche schlimmen Folgen es haben kann, wenn sich unser ICH trotzdem durchsetzt und wir nicht in der Lage sind, es am Kreuz zu halten, sehen wir an sehr vielen Beispielen um uns herum und auch in der Bibel: Josephs Brüder verkauften ihn in die Sklaverei, Kain brachte seinen Bruder Abel um, Saul verfolgte David und brachte die Priester zu Nob um, David beging Ehebruch mit Bathseba und tötete ihren Ehemann, Judas verriet Jesus… Diese Liste kann ziemlich lang fortgesetzt werden: Familiendramen, Mord, Ehekrisen, usw., nur weil Menschen ihr ICH herrschen lassen.

 

Paulus schreibt: „Ich bin mit Christus gekreuzigt“ (Gal 2,19/LU). Gottes Wille stand für Paulus an erster Stelle. Sein eigenes Leben hat ihm nichts mehr bedeutet. Schande, Schmach, Verfolgung, Verleumdung, Schläge, Gefängnis, Gefahren und Anfeindungen waren für ihn Alltag. CHRISTUS dienen und verherrlichen bedeutete ihm alles – auch wenn er dafür hätte sterben müssen. Sind wir heute bereit, unsere Hobbys und Aktivitäten für Jesus und Sein Werk einzugrenzen oder gar ganz aufzugeben? Bin ich bereit, die letzte Stelle einzunehmen? Wie reagiere ich, wenn ich missverstanden, übergangen, unbeachtet, abgelehnt oder verachtet werde? Wie gehe ich mit anderen Mitarbeitern und Geschwistern um? Von oben herab oder kann ich sie höher achten als mich selbst?

 

In Bezug auf Jesus heißt es in Philipper: „[Er] erniedrigte […] sich selbst und wurde gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz“ (Phil 2,8).  Wie weit bin ich in der Lage, mich und meine Wünsche zurückzustellen?

 

Da sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach! Denn wer sein Leben retten will, der wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden“ (Mt 16,24-25). „Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird es verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden!“ (Mt 10,38-39).

 

Gott gebe uns Kraft, solch ein Leben zu führen. Jesus hat es uns vorgelebt, von der Krippe bis zum Kreuz. Wie folgen wir Ihm nach?

 

Ernst Fischer
Gemeinde Cloppenburg